Rotes Blut auf güld'nem Stuck?

STIFTUNG MOZARTEUM / KONZERTSAISON 2011/12

17/05/11 Ruhig Blut! Hermann Nitsch wird auf der Orgel im Großen Saal des Mozarteums über eigene Werke improvisieren - aber nicht zu einer live-Aktion, sondern zu Videos von Aktionen aus dem Nitsch’schen Orgien Mysterien Theater. Das Foyer wird, im Rahmen einer Ausstellung, ein Deckengemälde von Hermann Nitsch erhalten.

Von Heidemarie Klabacher

Der fein und kundig programmierte Kammermusikzyklus muss kurz ein wenig zurückstehen. Hermann Nitsch kommt! Das ist ein Jubel- und kein Warnruf, soll sicherheitshalber dazu gesagt werden. „Nitsch raus“ hieß es ja noch 1997, als der Künstler im Rahmen der Literaturtage in der Pfarrkirche Rauris ebenfalls auf der Orgel hätte improvisieren sollen.

Niemand wird am 8. Oktober 2011 die Türen zum Großen Saal mit Eisenketten verschließen, wie weiland wackere Rauriser - die dem Künstler sogar den Zutritt zum Ersatzspielort verweigern wollten - das Kirchlein von Bucheben. Der Rauriser Bürgermeister hat damals - er kannte offensichtlich seine Pappenheimer - Bautrupp samt Kettensäge zum Konzert geschickt... Das wird in Salzburg nicht nötig sein. Der Große Saal ist zwar der Sakralraum der Mozart-Verehrung, aber Mozart hätte mit Nitsch seine Freude gehabt.

Trotzdem. Wie kommt die Stiftung zu und auf Hermann Nitsch? Stiftungspräsident Johannes Honsig sei in Kontakt mit dem Kunstsammler Karlheinz Essl, dieser wiederum mit Hermann Nitsch, erzählt Stephan Pauly, der Geschäftsführer und künstlerische Leiter der Stiftung, im Gespräch mit DrehPunktKultur. „Geplant war zunächst nur ein Orgelkonzert mit Hermann Nitsch. Aber man kann seine Musik nur verstehen im Kontext seines Gesamtschaffens. Ohne das Bildnerische Werk ist kaum zu erfassen, wo diese Art von Musik ihren Ort hat.“ Dem Schaffen des großen Malers, Komponisten, Musikers und querdenkerischen Philosophen gilt also mit Konzert, Ausstellung und Künstlergespräch eine umfassende Personale.

Ein weiteres Sonderkonzert, bereits an 22. Juli, eröffnet die Spielzeit 2011/12 der Stiftung Mozarteum: „Der Initiative von Robert Levin ist es zu verdanken, dass unser Hammerflügel, gebaut von Conrad Graf im Jahr 1839, restauriert worden ist“, berichtet Stephan Pauly. „Dieser Flügel steht uns künftig für romantisches Repertoire zur Verfügung. Er wird von Robert Levin, Alexander Janiczek und David Watkin eingeweiht und erstmals dem Publikum vorgestellt.“

altDie Reihe „Kammermusik in der Stiftung Mozarteum“ kuratiert von Petra Hinterholzer, wird den bewährten Programmlinien folgen: „Eine Linie gilt der Förderung von jungen Streichquartetten, eine weitere dem Thema ‚Quintett’, also ‚Streichquartett + Klavier + Bratsche + Kontrabass…“, erläutert Pauly. Die jungen Quartette, teils erstmals zu Gast bei der Stiftung, teils bereits bekannt, seien eingeladen, sich auch mit Musik aus ihren jeweiligen Heimatländern zu präsentieren. Bennewitz Quartett, Minetti Quartett, Quatuor Modigliani oder „das wilde finnische Meta4“ sind zu erwarten. Mozarteum Quartett und Hyperion Ensemble dürfen nicht fehlen: „Es bilden sich, wie bei der Mozartwoche, auch hier Künstlerpartnerschaften. Das stiftet Identitäten, die das Publikum zu schätzen weiß“, so Stephan Pauly. „Der Kammermusikzyklus gehört zum absoluten musikalischen Kern der Stiftung.“

Man sei mit dem Besuch nach wie vor sehr zufrieden, das Publikum sei „völlig verlässlich“, die Auslastung „absolut zufrieden stellend“, die Zeiten mit vierzig Zuschauern lange vorbei. Dass die Programme durchgestaltet sind und Schwerpunkte setzen - Quartette, Pianisten, junge Sänger - ‚spürt’ man dem Zyklus an, so Pauly: „Das Pubilkum weiß das zu schätzen.

altIm Zyklus „Orgel plus“ werden Martin Grubinger und Christian Schmitt, der Organist von Notre Dame in Paris, Olivier Latry, der Salzburger Bachchor und Studierende der Orgel-Klasse an der Universität Mozarteum unter der Leitung von Hannfried Lucke zu Gast sein. Im Zyklus „Orgel & Film“ stehen die Original-Stummfilme „Robin Hood“ (1922) mit Douglas Fairbanks und „The Eagle“ (1925) mit Rudolph Valentino auf dem Programm. Der amerikanische Organist Dennis James spielt dazu live auf der Propter Homines Orgel.

Auch die Reihe „Orgel zu Mittag“ - halbstündige Orgelkonzerte im Großen Saal jeweils dienstags um 12.30 Uhr bei freiem Eintritt - wird in der Saison 2011/12 mit 14 Terminen weitergeführt: „Die Konzerte waren großartig besucht! Zwischen 150 und dreihundert Gäste waren immer da. Es ist wirklich ganz erstaunlich und hat uns selber überrascht", so Stephan Pauly.  Die nächsten „Dialoge“ beginnen Ende November. Die Kartenpreise bleiben unverändert.

www.mozarteum.at ; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Bild: dpk-klaba (1); ISM/F. Broede (1); ISM/Monica Groser (1)