Junge Alt-Töner auf Europareise

BACHGESELLSCHAFT / EUROPEAN UNION BAROQUE ORCHESTRA

18/10/10 Das European Union Baroque Orchestra hat in Salzburg bei der Bachgesellschaft Station gemacht. Die gute Nachricht: Es war ein überaus angenehmer Konzertabend mit abwechslungsreicher Barockmusik.

Von Karl Winkler

altDie weniger gute: In der Großen Aula sind viele Plätze frei geblieben. Der guten Stimmung sowohl auf der Bühne wie unter den Zuhörern hat das aber keinen Abbruch getan.

Vor 25 Jahren ist das Barockorchester der Europäischen Union gegründet worden. Jedes Jahr werden hundert junge Barockmusiker aus ganz Europa zu einem dreitägigen Probespiel eingeladen. 25 von ihnen werden dann für Meisterkurse ausgewählt und verbringen anschließend sechs Monate miteinander und mit arrivierten Barockspezialisten. Derzeit fungiert Lars Ulrik Mortensen als Musikdirektor, weitere Mentoren sind heuer z.B. Enrico Onofri und Christina Pluhar.

In seinem Jubiläumsjahr unternimmt das "EUBO" - wie schon bisher üblich - Konzertreisen mit verschiedenen Dirigenten. Salzburg kam in den Genuss der "Dutch Connection", wie das Programm für die aktuelle Tour lautet. Als Dirigent und Cembalist begleitet Ton Koopman die 19köpfige Gruppe. Er war schon bei der Gründung dabei und hat auch die erste Konzertreise geleitet, und wie damals hat er auch heuer Verbindungslinien niederländischer Musik zum gesamteuropäischen Barock ins Licht gerückt.

Den Rahmen bildete Händel mit zwei Concerti grossi aus seinem Opus 6. Schnell war klar, dass die jungen Musiker (Durchschnittsalter: 24 Jahre) perfekt vorbereitet waren, und als sich Ton Koopman bei der letzten Zugabe, einem Satz aus einem der Händel-Concerti, ans Cembalo setzte statt zu dirigieren, zeigte sich, dass die Gruppe auch ohne Dirigent bestens zurechtkam und den Instrumentationskünsten des so phantasievollen Barockmeisters nichts schuldig blieb.

Pieter Hellendaals Concerto grosso, das auf Händels op.6 Nr.2 gefolgt war, bildete insofern einen Kontrast, als es der Konzertmeisterin viel Gelegenheit zum Vorzeigen ihrer schlackenlosen Virtuosität bot, in seiner Ausarbeitung aber doch wohl gröber gestrickt war. Locatellis Introduzione teatrale wurde ebenso schwungvoll gespielt, und zwischen deren schmissigen Ecksätzen kosteten die Musiker auch die exquisiten Akkordreibungen des Andante genussvoll aus.

Mit Unico Willem van Wassenaer haben die Niederlande einen außergewöhnlich qualitätvollen Beitrag zur Musik des Barock geleistet. Die Familie von Graf Unico hat es nicht gern gesehen, dass dieser sich als Komponist betätigte, und so sind seine Concerti lange unter anderen Namen (z.B. Pergolesi) bekannt gewesen. Mit einer Mischung aus klanglicher Raffinesse und flottem Drive haben die Musiker in kleinster Besetzung (4 Violinen und 4 Basso continuo-Spieler) das Concerto armonico in G-Dur zum Klingen gebracht. Aus der Bass-Gruppe durfte das Cello solistisch hervortreten und dem Violin-Concertino seine Melodien vorgeben, und ein mehr vergnügliches als gelehrsames Fugato leitete zum großen Schluss des Abends über, Telemanns Suite und Conclusion in B-Dur aus Tafelmusik III.

In dem vielsätzigen Werk konnten wiederholt die Bläser glänzen und den elegant und präzise phrasierenden Streichern Paroli bieten. Bald widerspenstige Rhythmen, bald schmeichelndes Dahingleiten hat der Hamburger Meister in Töne gesetzt, darin eingebettet rasante Oboenpassagen und markante Fagottschritte, die von den jungen Musikern mit der größten Selbstverständlichkeit ins Gesamtbild integriert wurden. Das Schluss-Furioso wirkte dann stellenweise wie ein Vorläufer späterer Allegro barbaro-Ausbrüche und rief entsprechend lebhaften Applaus hervor.

Über das European Union Baroque Orchestra: www.eubo.org.uk
Bild: http://www.tonkoopman.nl