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Sie alle lieben Brahms

CAMERATA / HÉLÉNE GRIMAUD

05/05/25 „Brahms ist essentiell für meine Existenz.“ So Weltklasse-Pianistin Hélène Grimaud jüngst in einem Interview. Den Beweis trat sie letzten Sonntag-Nachmittag (4.5.) im Großen Festspielhaus an. Da hat die Camerata Salzburg die Abonnenten ihrer sonst beiden getrennten Konzerttermine zusammengefasst und ist aus der normalen Besetzung als Kammerorchester in groß besetzte Orchesterformation mutiert.

Von Horst Reischenböck

Andràs Schiff hatte es vorgemacht. Nachdem Hélène Grimaud erst jüngst eine Aufnahme von Brahms' Klavierkonzert Nr. 1 in d-Moll op. 15 mit dem BR-Sinfonieorchester unter Andris Nelsons vorlegte, wagte sie nun als eine jener Künstlerinnen, die mit der Camerata Salzburg ein inniges Verhältnis pflegen, den Sprung ins kalte Wasser – nämlich das Stück ohne Dirigenten zu realisieren. So wird sie dieses zweifellos äußerst anspruchsvolle, speziell solistisch nach wie vor fordernde Werk auf einer zwölftägigen Tournee durch Italien, Deutschland, die Niederlande, bis nach Griechenland und in die Türkei spielen.

Das ist eine Herausforderung auch deshalb, weil das Orchester sich an verschiedene Spielorte und mithin wechselnde akustische Verhältnisse einstellen wird müssen. Auch das Konzert im Großen Festspielhaus litt leider ungewohnt an Mangel akustischer Koordinierung, zumal der Paukist schon im Maestoso-Beginn der Themenexposition schier ungebremst loslegte und seiner offensichtlichen Freude an innewohnender Dramatik hörbar die Zügel schießen ließ.

Auch das Nachfolgende dünkte um eine Spur zu hektisch genommen. An sich kämpferisch, gut, aber von Hélène Grimauds trotz vollgriffig attackierender Gestaltung ihres Parts selbst unmittelbar wieder auf den Boden der Normalität zurückgeführt. Darauf wäre zu achten gewesen, und nicht allein reiner Freude am Kampf den Vorzug geben, ohne vorerst Gewissheit eines letztlich doch noch zu erwartenden Sieges.

Irgendwie ging bei allem engagierten Einsatz der gewohnte Feinschliff ab, dem auch die zahlenmäßig aufgestockten Streicher erst im anschließend verinnerlicht retardierenden Adagio mehr hingebungsvoll gestaltend entsprachen. Der das Ganze abschließende Sog des Rondos sprang danach erneut von der Solistin ungebremst aufs Orchester über. Entsprechend bejubelt, führte sie mit der mit innerlicher Reflexion gestalteten g-Moll-Rhapsodie op. 79/2 von Brahms die Stimmung wieder in normale Bahnen.

Nach der Pause folgte mit der in etwa gleichzeitig entstanden sechsteiligen Ersten Serenade in D-Dur op. 11 ein weiteres frühes, im Vergleich mit den Sinfonien weit weniger oft bei uns zu hörendes Orchesterwerk von Brahms. Das hat in Ausdruck und Klanggestaltung weit mehr entsprochen, vielleicht auch, weil nun alle außer den Celli so wie zu früheren Zeiten stehend musizierten und entsprechend gelöst agierten.

Auch die alte Orchesteraufstellung mit Ersten Geigen links und Zweiten Geigen rechts, Bläser zweireihig dahinter postiert, erwies sich als absolut zum Vorteil hinsichtlich des melodisch abwechselnden Mit- und Gegeneinanders. In einem Geist, tänzerisch beschwingt und tonschön musiziert wirkten nach den strahlend perfekt geblasenen Hornklängen vor allem die beiden Scherzi und das altertümelnde Menuetto inmitten. So durfte Konzertmeister Giovanni Guzzo auch ohne groß dominierende Gesten das Ergebnis gleichsam traumwandlerisch erwarten.

Heute Montag (5.5.) ist das Konzert im Wiener Konzerthaus zu hören – camerata.at
Bild: Camerata Salzburg / Mat Hennek

 

 

 

 

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