Bach zum Quadrat als Überraschung
MOZARTEUM MEISTERKONZERT / BENJAMIN SCHMID
30/04/25 Lokalmatador Benjamin Schmid scharte am Dienstag (29.4.) seinen Geigen-Kollegen Linus Roth, die Pianistin Ariane Haering und, nach der Pause, den Cellist Jeremias Fliedl um sich. auf dem Podium. Werke von Bach, Mozart, Schönberg und Korngold – funkelnde Juwelen aus drei Jahrhunderten Musikgeschichte.
Von Horst Reischenböck
Vor und jenseits Mozart lautete übersetzt das Motto des Abends, an dem Freunde und Kammermusik-Liebhaber zumindest das Parterre im Großen Saal des Mozarteums füllten. Gleich vorweg: Wer nicht da war, hat etwas versäumt.
Etwa Bachs h-Moll-Partita BWV 1002. Benjamin Schmid hat sich schon vor dreißig Jahren mit Johann Sebastian Bachs halbem Dutzend an Werken für Solo-Violine auseinandergesetzt. Damals allerdings nicht im Alleingang, sondern mit Begleitung des Klaviers. Robert Schumann hatte in bester Absicht 1853 eine Klavierstimme hinzu komponiert. Und auch diesmal war nicht ausschließlich originaler Alleingang angesagt, denn Schmid überraschte die Hörer mit der Erkenntnis, dass sich den Doubles der Sätze zwei und vier ohne Einbuße an Substanz deckungsgleich die Noten von Corrente und Bourrée überstülpen lassen.
Zuvor hatten Schmid und Linus Roth (am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg tätig) Allemanda und Sarabande abwechselnd nacheinander in einem Geist musiziert. Danach also quasi Bach zum Quadrat mit sich selbst. Ein so noch nie zu hören gewesener Beweis für dessen Variationskunst, auf zwei Stradivaris exzellent vorgestellt. Das Stimmengeflecht hörend auseinander zu dröseln war auch für konzentrierte Zuhörer durchaus anstrengend. Um den Eindruck zu vertiefen wäre eine Wiederholung durchaus sinnvoll gewesen.
Ein Sprung sechseinhalb Jahrzente weiter: Benjamin Schmid widmete sich engagiert und tonschön zusammen mit Ariane Haering Wolfgang Amadé Mozarts großer B-Dur-Sonate KV 464, zu der ihn die aus Mantua gebürtige Geigenvirtuosin Regina Strinasacchi inspiriert hatte, in die aber genau so die eigene geigerische Erfahrung eingeflossen ist. Benjamin Schmid hat das facettenreich spielerisch und lyrisch kantabel geboten.
Auch nach der Pause folgte Eingängiges auf eher weniger leicht zu rezipierende Kost. Arnold Schönbergs Fantasie op. 47 ist sein letztes instrumentales Werk. Benjamin Schmid und Ariane Haering vertieften sich vom Auftakt an vehement in den dodekaphonischen Wechsel von dramatischer Aussage und retardierenden Elementen, sodass dieser eher doch spröde Einsätzer wirkungsvoll wie im Flug in einem Sog vorüberzog und entsprechend bedankt wurde. Der eine oder andere Sitzplatz war nun freilich leer.
Der als „Mozart des 20. Jahrhunderts“ gefeierte Erich Wolfgang Korngold hat die Suite für zwei Violinen, Violoncello und Klavier für die linke Hand op. 23 in jungen Jahren für den Auftraggeber Ludwig Wittgenstein komponierte. Das war 1930, in dem Jahr, in dem der nach dem Ersten Weltkrieg mit einem Arm verbliebene Pianist Wittgenstein auch bei den Salzburger Festspielen auftrat. Das Quartett hat das hörbar engagiert mit Herzblut ausgeführt und nach dem finalen Rondo noch als Zugabe Mozarts schlichte allererster Kirchensonate in Es KV 67 nachgeschickt.
Bilder: www.benjaminschmid.com / Wolfgang Lienbacher (1); www.linusroth.com / Kaupo Kikkas