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Das kreischt und brummt – keineswegs!

PHILHARMONIE SALZBURG / FUCHS / THOMAS

10/04/25 Mit Camille Thomas holten die Philharmonie Salzburg und Elisabeth Fuchs eine Star-Cellistin zu sich auf die Bühne: Die franko-belgische Künstlerin spielte Dvořáks Cellokonzert – das beinah nicht entstanden wäre, weil der Komponist das Cello nicht so mochte.

Von Horst Reischenböck

Die Franko-Belgierin Thomas zählt seit geraumer Zeit zu den Aushängeschildern des gelben CD-Labels Deutsche Gramophon. Ihr Salzburg-Debüt am Mittwoch (9.4.) im Großen Saal des Mozarteums verlief – musikalisch stupend angeführt und aufgeheizt durch Elisabeth Fuchs – dennoch nicht komplikationslos: Der Kollaps einer Besucherin im Parterre hatte eine Unterbrechung nach sich gezogen.

Camille Thomas präsentatierte ihr Können und den Sound ihres Stradivari-Instruments mit Antonín Dvořáks Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll, op. 104 das an Länge später nur noch Prokofjews Schwesterwerk übertroffen werden sollte. Trotz seiner Skepsis dem Cello gegenüber - „ein Stück Holz, das oben kreischt und unten brummt“ – schuf Dvořák eines der berühmtesten und meistgespielten Konzerte für ebendieses Instrument.

Als sein letztes in den USA vollendet, spiegelt es nicht nur Dvořáks Sehnsucht nach seiner böhmischen Heimat wider. Die Arbeit war ihm nicht leicht gefallen. So stand der Kopfsatz ursprünglich in einer anderen Tonart und auch dessen zweites, den Hörnern zugedachtes Thema wurde überarbeitet. Zudem war in seiner Abwesenheit in der Heimtag die Schwägerin Josefina gestorben. Ihr zuliebe verarbeitete er im Adagio sein Lied Lasst mich allein aus  op.82. Eine Kadenz verwehrte der Komponist, wie in seinen anderen Konzerten, den Solisten auch hier. „Es soll im letzten Satz keine geben. … Das Finale schließt allmählich, diminuendo – wie ein Seufzer – das Solo verklingt zu einem Pianissimo – schwillt sodann wieder an – die letzten Takte übernimmt wieder das Orchester.“ Camille Thomas zeigte hier ihre Fähigkeit zu subtil reduziert linearer Tongebung, der sie sich vorher leider zu oft versagt hat, indem sie im Eifer ihres kraftvoll virtuosen Einsatzes zu oft tief und eigentlich unnötig stark in den Tremolo-Topf griff, wie er zu Dvořáks Lebzeiten noch kaum gebräuchlich war.Dennoch war es Triumph im Auditorium, die Solistin bedankte sich im Alleingang mit dem Lied des Vogels von Pau Casals.

Der Saisonabschluss der Philharmonie Salzburg im Mittwoch-Abo im erfreulich voll besetzten Großen Saal des Mozarteums paarte Dvořák mit Brahms: Zwei zeitgleich entandene kapitale Eckpfeiler romantischer Orchesterliteratur.

Johannes Brahms soll über Dvořáks Werk irritiert gesagt haben: „Warum um alles in der Welt habe ich nicht gewusst, dass man ein Cellokonzert wie dieses schreiben kann? So hätte ich schon vor langer Zeit eins geschrieben.“ Nach der Pause galt der engagierte Einsatz der Philharmonie Salzburg dennoch Brahms sinfonischem Erstling, der Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68, mit dem der Komponist unglücklich und unzufrieden war. Er kürzte ein Jahr nach der Uraufführung in Karlsruhe das (in Wien in Streicher-Stimmen erhalten gebliebe) ursprünglich fünfteilige Rondo zum Andante in Sonatenhauptsatzform.

Elisabeth Fuchs und ihrem Orchester ist das Werk hörbar ein Herzensanliegen, auch wenn sie nach der von Brahms vorgestellten Un poco sostenuto-Einleitung die vorgesehene Wiederholung der Themenaufstellung nicht befolgte. Der Überwindung des Schicksals in jubelnd feurigem und positivem C-Dur ließ freien Lauf – und beflügelte die Stimmung zusätzlich mit dem ersten Ungarischen Tanz als gefeierter Zugabe.

Bilder: PhS /  Christian Meuwly

 

 

 

 

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