Die Rhythmen sind in die Beine gefahren
PHILHARMONIE SALZBURG / MAMBO
13/01/25 Drei Mal das Große Festspielhaus ansehnlich zu füllen, das ist schon eine große Sache. Und diese Zuhörermenge dann noch zwischen den Sitzreihen in Bewegung zu bringen, im Samba- und Mambo-Rhythmus: Dazu braucht es solche Temperamentsbündel wie Elisabeth Fuchs und Moisés Irajá dos Santos, die Stimmungskanone aus den Geigen-Reihen der Philharmonie Salzburg.
Von Reinhard Kriechbaum
Wenn Moisés Irajá dos Santos die Geige weglegt und nach vorne wuselt, dann weiß das Publikum der Philharmonie Salzburg, dass Stimmungsmache angesagt ist: Den Rhythmus hat er ja nicht nur in den Fingern und im Handgelenk, wenn er zur Rahmentrommel, zum Tamburin oder zur Kleinen Trommel greift. Auch die Beine durften nicht ruhig bleiben, weil Mambo in Concert angesagt war am Donnerstag und Freitag (9./10. Jänner). Wir haben uns am Freitag Nachmittag mitreißen lassen von dem lateinamerikanischen Musik-Feuerwerk.
Moisés Irajá dos Santos also als Tanz-Animateur, Doppel-Conferencier mit Elisabeth Fuchs und als Sänger. Haben wir was vergessen? Ach ja, Radschlagen kann er auch und Geigenspielen sowieso. Das Wort Pausenclown passt also nicht – er unterhält und animiert pausenlos.
Dabei hatte er ja durchaus Konkurrenz, schließlich waren auch Profitänzer engagiert: Martina Varadi und Andrea Silvestri sind ein Latino-Tanzpaar, das es mehrmals zu Europa- und Weltmeistertiteln gebracht hat. Die beiden haben zwei weitere Paare aus Ungarn mitgebracht, sodass auf dem Podium vor dem Orchester einiges los war.
Trotz überbordender Fiesta-Stimmung ein wenig Musikethnologie, weil vielen Musikfreunden zu Mambo ja doch zuerst nur die turbulente Nummer aus Leonard Bernsteins West Side Story oder die Filmmusik zu Dirty Dancing einfällt: Schnelle Perkussion und markante Bläserparts zeichnen den Mambo aus. Die Ursprünge finden sich in der Karibik des 19. Jahrhunderts. Dort vermischten sich europäische Gruppentänze mit südländischen Elementen und brachten den Danzon hervor. Dieser verband sich dann wiederum mit dem Son, dem Vorläufer des nordamerikanischen Blues. Fertig war der Mambo – geboren im Kuba der 1930er Jahre.
Durch die Übersiedelung vieler Süd- und Mittelamerikaner während des Zweiten Weltkriegs gelangte der Mambo schließlich in die USA, wo er auf den Jazz traf. Diese neue Kombination verlieh dem Musik- und Tanzstil seine heutige Erscheinungsform und in Folge auch seine Beliebtheit im Europa der 1950er Jahre. Danach wurde er jedoch vom Rumba und Cha Cha Cha verdrängt und verschwand bis zu seiner erneuten Popularität durch Dirty Dancing von der Bild- und Tanzfläche.
Der erste bekannte Mambo wurde von Dámaso Pérez Prado geschrieben, weitere wichtige Komponisten sind Tito Puente und Tito Rodriguez. Werke von allen dreien waren in den Konzerten im Großen Festspielhaus angesetzt und verfehlten ihre Wirkung nicht. Natürlich nicht nur Mambo, sondern auch allerlei anderes Lateinamerikanisches.
Francisco Mignone (1897-1986), in São Paulo geboren und in Rio de Janeiro gestorben, hat mehrere Opern geschrieben und ,teils unter Pseudonym, auch viel Folkloristisches. Fantasia Brasileira Nr. 1 und Nr. 3 wirken, als ob es Franz Liszt nach Brasilien verschlagen hätte. Es fehlen in diesen Bravourstücken aber auch nicht Grußadressen an andere Komponisten des 19. Jahrhunderts. Das alles ist wirkungsvoll kombiniert mit Sinn für lateinamerikanische Ethno-Musik und rattenfängerisch virtuos arrangiert. Ein gefundenes Fressen für den Pianisten Fabio Martino und die punktgenau begleitende Philharmonie Salzburg.
Man ist also ordentlich verwöhnt worden in diesen drei Konzerten, in denen jeder der Gäste allein als Aufputz für ein Programm ausgereicht hätte. Es war nämlich auch der Gitarrist Manuel Randi eingeladen, Komponist und seit 2011 Gitarrist im Herbert Pixner Projekt. Ein Bozener mit ganz weitem Musikhorizont. Seine Beiträge diesmal gehörten eher in die Rubrik „Musik zum Träumen“. Ausschließlich turbulenter Mambo geht ja doch nicht in einem zweieinhalbstündigen Programm. Das mehrheitlich keineswegs juvenile Publikum war hingerissen und spendete Standing Ovations, im Zugabenblock konnten sich die sechs Tanzpaare noch mal so richtig in Szene setzen.
Gleich fünf Mal hofft die Philharmonie Salzburg das Große Festspielhaus mit „A Symphonic Tribute to the BEATLES“ am 8., 9. und 10. Mai zu füllen, da ist dann auch der Chor eingebunden – www.philharmoniesalzburg.at
Bilder: Philharmonie Salzburg / Erika Mayer