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Sein Joch ist wirklich leicht

PHILHARMONIE SALZBURG / DER MESSIAS

13/12/24 Filmmusik wundert einen bei der Philharmonie Salzburg nicht, und auch nicht das Zusammenwirken mit Künstlerinnen und Künstlern der Pop-Branche. Aber Barock statt ABBA oder Beatles-Tribute, noch dazu Händels Messias als Prüfstein? Wir können hier von einem kleinen Interpretations-Wunder erzählen.

Von Reinhard Kriechbaum

Schon die ersten Takte der Orchestereinleitung haben aufhorchen lassen, die konzisen Punktierungen, die schlanke Phrasierung in den Geigen, das Spiel weitgehend ohne Vibrato. Junge Instrumentalisten (mehrheitlich sind sie ja an der Universität Mozarteum ausgebildet) bekommen heutzutage im Studium auch viel historische Informiertheit mit. Elisabeth Fuchs hat sich – davon zeugten die fast drei Konzertstunden im Mozarteum – ebenfalls eingehend mit Stilfragen befasst, aber deswegen den ihr eigenen Elan nicht aufgegeben. Es steckte sehr viel „Klangrede“ in diesem Messias, dessen Interpretation als Ganzes schlüssig, wie aus einem Guss wirkte.

Die größte Überraschung an diesem Abend war freilich der von Sebastian Aigner und Elisabeth Fuchs einstudierte sechzigköpfige Chor der Philharmonie Salzburg. Es gibt ihn seit fünf Jahren und er hat sich hier als ungemein wendiges Kollektiv bewährt. For unto us a Child is born – wie flockig und elegant hat das doch geklungen, im Wunderful-Ausbruch mit viel Energie, aber ohne Wucht. Im ersten Teil war der nachhaltige dramaturgische Bogen spürbar, über den höchst charmant nachgezeichneten Jubelchor Glory the God in the highest bis zur anschaulich flauschigen Zusicherung His yoke is easy, his burthen is light am Ende der Weihnachtserzählung. Wirklich leicht sein Joch, aber dann, wenn es um Tod und Auferstehung geht, auch ordentliche Power: Der Chor The lord gave the word wirkte wie eine riesige Headline in einem britischen Massenblatt...

Das war also eine Chorleistung state of the art, sprachlich präzise gefasst, im Klang homogen, auch in ungemütlichen Lagen immer weich und geschmeidig. Die Polyphonie war vorbildlich durchhörbar. Das bekommen Laienchöre meist nicht so leicht hin.

Auffallend übrigens: Elisabeth Fuchs' Markenzeichen ist ja das einer leidenschaftlichen Jugend-Animateurin. Von den Chor-Ambitionen scheint sich aber eher die Elterngeneration ihrer „Haupt-Zielgruppe“ angesprochen zu fühlen. Mitglieder in den Zwanzigern sind in der Minderzahl. Man wechselt offenbar nicht direkt aus den Zuhörerreihen der Kinderfestspiele aufs Chor-Podium.

Für diesem Messias (zwei Aufführungen im Mozarteum am 11. und 12. Dezember, wir besuchten jene am Donnerstag) gab es jedenfalls augenblicklich Standing ovations, und der Jubel speziell für den Chor erreichte verdientermaßen hohe Phon-Stärke.

Ja klar, der Trompeter, der den ungarischen Bariton Máté Herczeg in der Arie The trumpet shall sound höchst nachhaltig stützte, konnte auch viel Sonderbeifall für sich abzweigen. Orchester und Gesangssolisten: Elisabeth Fuchs hat auf griffige, sprechende Artikulation in den Streichern gesetzt. Da konnten die Sänger gut aufsetzen, ohne ein Übermaß an Gestaltung investieren zu müssen. Davon profitierte vor allem der Tenor Bernhard Berchtold, der nicht nur ganz unaufdringlich perfekte Koloraturen durch Ev'ry valley tönen ließ, sondern mit feiner Differenzierung dann auch die enge Abfolge von Rezitativen, Ariosi und Arien im zweiten Teil mit einnehmender Ruhe und plastischer Überzeugungskraft gestaltete. Eher weniger Luxusklasse auf der Damenseite mit Elisabeth Breuer (Sopran) und Christa Ratzenböck (Alt), aber auch die beiden konnten sich drauf verlassen, dass die ambitioniert in die Rolle eines Barockorchesters schlüpfende Philharmonie Salzburg auch viel Emotion transportierte.

Kompliment an Elisabeth Fuchs, die durch diesen Messias mit dem ihr eigenen Drive steuerte und dabei sehr klug Emotion und Zurückhaltung zu dosieren wusste. Gerade so, als ob sie jeden Tag Barockmusik anleitete.

„Swinging Christmas“ mit Barock, aber auch mit Weihnachts-Hits aus dem Jazz- und Pop-Bereich mit der Tiroler Stimmkünstlerin Reena Winters gibt es am 21. und 22. Dezember in der großen Aula – www.philharmoniesalzburg.at
Bilder: Philharmonie Salzburg/Erika Mayer (1); dpk-krie (2)

 

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