Wenn Frauen den Marsch blasen

KULTUR – VIRTUELL

08/10/20 The March of the Women war jüngst der letzte Programmpunkt eines Konzerts zum Equal Pay Day in der TriBühne Lehen. Es spielte FSOA Female Symphonic Orchestra Austria. Dieses Konzert kann man noch einige Tage – bis 29. Oktober – online nachhören.

Das Salzburger Landestheater und die Grazer Oper hatten einige Jahre lang Chefdirigentinnen. Eine Dirigentin steht jetzt dem ORF-Symphonieorchester vor. Eine Frau hat bei den Festspielen heuer Mozarts Cosi fan tutte geleitet. Ein wenig relativieren muss man also schon, wenn das Frauenbüro der Stadt Salzburg in einer Presseaussendung schreibt: „Frauen sind in der Musik noch immer unterrepräsentiert. Sie kämpfen mit geringeren Gagen, bekommen seltener Auftrittsmöglichkeiten und sind mit Sexismus und Abwertungen konfrontiert.“ Ob die Gagen dirigierender Frauen, die Honorare von Orchestermusikerinnen oder die Tantiemen zeitgenössischer Komponistinnen wirklich niedriger sind als jene ihrer Kollegen, müsste man in größerem Rahmen hinterfragen.

Aber das Anliegen des Equal Pay Day ist ja weit größer gefasst, um die Musik geht es höchstens am Rand. Man will auf die allgemeine Verdienst-Schere zwischen den Geschlechtern hinweisen. An diesem (jedes Jahr neu berechneten) Tag haben Männer so viel verdient wie Frauen erst am Jahresende. Heuer war es der 22. Oktober. Diese Ungerechtigkeit sollte uns allemal aufrütteln.

Das Frauenbüro hat in Salzburg zu dem Anlass ein dreitägiges Musikprogramm geboten. Am Montag (19.10.) spielte die Pianistin Kyra Steckeweh im Marmorsaal, tags darauf vermittelte der Film Komponistinnen die Biografien von vier Frauen: Emilie Mayer, Fanny Hensel, Lili Boulanger und Mel Bonis. Der geschlechtsneutrale Vorname „Mel“, unter dem die Französin Melanie Bonis (1858–1937) viele ihrer Kompositionen veröffentlichte, war auch ein Selbstschutz.

In einem Konzert des im Herbst vorigen Jahres von der jungen Dirigentin Silvia Spinnato gegründeten FSOA Female Symphonic Orchestra Austria war auch ein Stück von Melanie Bonis zu hören.

Der letzte Programmpunkt galt einem hierzulande so gut wie unbekannten, im englichen Sprachraum und vor allem in England aber populären Stück: 1910 komponierte Ethel Smyth (1858–1944) das Gesangsstück The March of the Women. Damals schloss sich diese Komponistin und Musikerin den militanten englischen Frauenrechtlerinnen an, verbüßte deshalb sogar eine zweimonatige Gefängnisstrafe. Aber die Sache ging letztlich erfolgreich aus für die kämpferischen Engländerinnen. Gleich nach dem Ersten Weltkrieg wurde ihnen das Wahlrecht zugesprochen. The March of the Women gilt als die Hymne der englischen Frauenbewegung. (dpk-krie)

Der Konzertmitschnitt des FSOA Female Symphonic Orchestra Austria vom 21. Oktober in der TriBühne Lehen (online bis 29. Oktober)

Bilder: Filmstills