Beethoven gesteigert zu Schostakowitsch

MOZARTEUM QUARTETT / WIENER SAAL

16/06/10 Markus Tomasi hatte dieser Tage viel zu tun. Als Konzertmeister - beim letzten Abonnementkonzert des Mozarteumorchesters in Salzburg und in München bei Giovanni Simone Mayrs Oper „Medea in Corinto“ unter Ivor Bolton - und als Primarius des Mozarteum Quartetts beim Saisonausklang der Kammermusik im Wiener Saal.

Von Horst Reischenböck

War’s deshalb, dass er schon zu Beginn des Kopfsatzes von Ludwig van Beethovens op. 18 Nr. 4 inmitten fast ausrutschte? Wie denn überhaupt das c-Moll-Quartett eher hemdsärmelig robust, irgendwie zu erdig, geriet. Das hätte sich differenzierter ausgehorcht, durchsichtiger denken lassen.

Dennoch war Beethoven am Dienstag (15.6.) im Wiener Saal als gedanklicher Angelpunkt quasi immer gewärtig - auch in den beiden Werken Dmitrij Schostakowitschs, in die das Mozarteum Quartett weit mehr intensive Arbeit investiert haben dürfe.

Das Streichquartett Nr. 11 f-Moll entstand als Reflexion auf den Tod des zweiten Geigers des 1923 am Moskauer Konservatorium entstandenen „Beethoven Quartetts“, das Schostakowitschs Streichquartette aus der Taufe gehoben hat. (Als der Cellist starb, widmete der Komponist seinem Gedenken das Quartett Nr. 14.)

Hier war der Gestaltungswille aller Beteiligten evident - vom ersten Akkord der einander übergehenden sieben Abschnitte des Opus 122 an. Die wenigen eruptiv zerklüfteten Ausbrüche - eine Bereicherung. Zusammengehalten wird das Ganze durch ein im Cello anklingendes Motto - con sordino verdämmernd. Ein erstes Lob war fällig.

Noch mehr jedoch nach der Pause, nachdem das Klavierquintett g-Moll op.

57 erklungen war: ein großer, wirkungsvoller Wurf, diese Weiterführung der sechsten Sinfonie auf kammermusikalischer Ebene, die dazumal weniger offiziell-politische Angriffspunkte bot.

Hier setzte Ariane Haering gleich vom ersten bedeutungsschweren Anschlag an bestimmende Akzente, um später dann genauso locker aus der Rechten glitzernd pfiffig freche Kaskaden zu schütteln. Markus Tomasi spielte verinnerlicht das Thema der grandiosen und auch zeitlich ausgedehnten Fuga an und spielte ebenso klangsinnlich die große Kantilene aus - nachdem vehement das von der Groteske zur Bedrohlichkeit anwachsende Scherzo durchmessen war.

Zu guter Letzt scheinen alle Beteiligten vereint und versonnen ihre Linien ausklingen zu lassen - aber in einer beunruhigend nachwirkenden Atmosphäre.