Da staubt das Kolophonium

MOZARTEUMORCHESTER / DAUSGAARD

11/06/10 Zwei Tage nach Robert Schumanns 200. Geburtstag widmete das Mozarteumorchester dem Jahresregenten sein letztes Abonnementkonzert. Mit von der Partie waren zwei versierte Gäste, die zugleich ihr Salzburgdebüt gaben: der aufstrebende Cellist Claudius Popp und der Dirigent Thomas Dausgaard.

Von Horst Reischenböck

Ausgerechnet die „Zweite“ Schumann zum Kehraus? Das Werk zählt ja nicht unbedingt zum Stärksten aus seiner Feder. Aber Thomas Dausgaard, hat seinerzeit eine Meisterklasse von Leonard Bernstein besucht, der widerum zum Opus 61 eine besondere Affinität besaß. Entstanden ist das Werk nach einem ersten großen Ausbruch von Schumanns tödlich endender venerischer Krankheit.

Wirklich grandios sind nur die in überirdische Sphären entrückte Meditation des Adagios und vielleicht noch zuvor das zweite Trio im eher redseligen Scherzo. Dessen Fünfteiligkeit hat Beethoven zum Vorbild - und dieser ist auch im Finale in fast schon strapazierender ständiger Wiederkehr durch das „Alle Menschen werden Brüder“-Thema der „Neunten“ präsent.

Aus diesem Material schlug Thomas Dausgaard am Donnerstag (10. 6.) im Großen Saal des Mozarteums allerdings alle nur erdenklichen Funken - und die Mitstreiter waren mit Begeisterung dabei. Bis hin zum absoluten Stillstand, nach dem dann aber erneut das Kolophonium der Streicher nur so staubte.

Solcher Ehrenrettung bedarf Schumanns Konzert in a-Moll op. 129 weit weniger. Hier lag der Reiz im Zusammentreffen der Charaktere. Von der Orchesterseite her wurde in den Eckteilen immer wieder das Tempo schwungvoll angezogen, während es Claudius Poppen (Preisträger des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbs und Solocellist des Orchesters der Berliner Staatsoper Unter den Linden) rubatoreich dehnte. Brillant löste der den technischen Anspruch ein, bewusst nahm er die höchsten Regionen zart zurück und kostete die Lyrismen zärtlich aus. Ein beachtlicher gestalterischer Wurf!

In mehren Abo-Konzerten spielen einzelne Mitglieder des Mozarteumorchesters jeweils eines der virtuosen Solostücke Luciano Berio: Zum Abschluss ließ am Donnerstag Soloflötist Bernhard Krabatsch die „Sequenza I“ hören. In ihrer ansprechenden Kürze ist das ein ein Kompendium virtuoser Bukolik, dessen anspruchsvollen Forderungen an den Ausführenden Krabatsch phänomenal entsprach.

Wie auch eingangs seine Bläserkollegen in Igor Strawinskys „Symphonies d’instruments à vent“, deren Klangwelt mitunter an „Sacre“ erinnert. Gespielt wurde die auf 23 Mitstreiter reduzierte Zweitfassung von 1947. Eine virtuose Wiedergabe! Das Können aller sonst meist in den hinteren Pultreihen postierten Beteiligten wurde einmal explizit ins gebührende Rampenlicht zu stellen.