Zwanzig Organistenfinger in der Chefetage
HINTERGRUND / MOZARTEUM / ORGEL
05/05/10 Dass das Projekt einer neuen Konzertorgel im Großen Saal des Mozarteums nun sehr zielstrebig angegangen wurde, liegt nicht zuletzt daran, dass zwei "heimliche" Organisten in der Führungsetage sitzen.
"Ich habe bei Elisabeth Ullmann an der Universität Mozarteum Orgel studiert und war 25 Jahre als Organist in der Pfarrkirche Aigen tätig", erzählt Johannes Honsig-Erlenburg. Mit der seit zuwanzig Jahren desolaten, so gut wie unspielbaren Orgel habe er "den Jammer hier immer im Auge gehabt", erzählt der Stiftungs-Präsident. Das in den späten sechziger Jahren gebaute Instrument "war leider ein schlechtes Kind der Zeit, was das Material betrifft - und man hat damals die Intimität des Raums nicht erfasst". Natürlich tut es einer Organistenseele doppelt weh, "ein totes Instrument" im eigenen Haus zu wissen. "Darum war die Erneuerung meine erste größere Initiative, nachdem ich Präsident geworden bin. Vor allem auch, weil die Literatur für Konzertorgel unglaubliche Schätze birgt."
Auch der Künstlerische Leiter der Stiftung Mozarteum, Stefan Pauly, hat früher einmal Orgel gespielt, und entsprechend hoch war der Ehrgeiz jetzt, bei den Frühjahrs-"Dialogen" ab Donnerstag (6.5.) "ein Panorama des Konzertbereichs für die Orgel" zu zeigen. "Der Bogen spannt sich von ganz früher Musik bis hin zu einer Uraufführung. Als erstes Stück beim Festakt wird eines von Mozart erklingen, als erstes im Konzert ein neues von Klaus Lang." Pauly und sein Mitstreiter bei der Programmierung, Berno Odo Polzer, wollen entsprechend der Dramaturgie der Dialoge verschiedene Genres und Zeiten verbinden: "So trifft Händel auf Ligeti, Liszt auf die Filmmusik zu „Nosferatu“ und Wolfgang Mitterer wird improvisieren. Dazu kommen der Orgel verwandte Instrumente wie Akkordeon, Bandoneon, Orchestrion und das wunderbare Claviorganum aus dem Besitz von St. Peter." Die Orgel lebt also nicht nur im kirchlichen Bereich.
Stiftungs-Präsident Johannes Honsig-Erlenburg über die Überlegungen zur Klang-Dimension des neuen Instruments: "Es ist eine Konzertorgel. Da braucht es im Gegensatz zu einer Kirche große Transparenz des Klanges. Der Nachhall ist sehr eingeschränkt und das Instrument darf weder zu laut noch zu leise sein." Die erste Orgel in diesem Konzertsaal, ein spätromantisches Ungetüm aus dem Jahr 1914, sei "keineswegs" als Vorbild in Frage gekommen. "Wichtig ist, dass das Instrument dem Charakter des Saals entspricht", sagt Honsig-Erlenburg, und dafür sei die Firma Eule ein Garant. "Das sind Leute, die sich sehr sensibel mit dem Raum beschäftigt haben."
"Mozarteumorchester, Camerata und Bachgesellschaft, natürlich auch die Festspiele und andere Veranstalter, können endlich wieder Orgelliteratur planen", sagt der Stiftungs-Präsident. "Dazu kommt eine sehr schöne Kooperation mit den Lehrenden und Studierenden der Musikuniversität. Das Instrument soll jetzt wirklich nachhaltig eingesetzt werden."
Stephan Pauly verweist besonders auf die neue Konzertschiene zur Mittagszeit, bei freiem Eintritt: "Das Angebot richtet sich an arbeitende Menschen aus unserer Umgebung, die gerne in ihrer Pause eine halbe Stunde Musik hören wollen, aber auch an Besucher, die gerade in der Stadt unterwegs sind. Dabei ist nicht nur die Orgel zu erleben, sondern auch das Zauberflöten-Häuschen im Garten wird geöffnet sein und kann besichtigt werden. Wir planen 25 Termine, immer am Dienstag." (dpk-G.F.Kasparek/krie)