Geigerisches Kernrepertoire und Zeitgenössischem abseits vom Mainstream hat Benjamin Schmid dokumentiert. Bezüglich des Konzerts für Violone und Orchester D-Dur op. 61 ließ er sich Zeit zur Auseinandersetzung. Nun setzte er mit der Wiener Akademie unter der Leitung von Martin Haselböck neue Maßstäbe.
Die von Beethoven persönlich vorgenommene Umarbeitung von op. 61a hat Haselböck übrigens schon vor geraumer Zeit in seine Gesamtaufnahme der sechs authentisch überlieferten Klavierkonzerte einbezogen. Insgesamt komponierte Beethoven ja ihrer acht, die sogenannte Chor-Fantasie ausgeklammert.
Nun also das Original, jener nicht nur aus dem zeitlichen Umfeld herausragende Monolith, der von den Dimensionen her das Aufnahme-Vermögen des Publikums einst heillos überforderte und wegen der unzulänglich vorbereiteten Uraufführung wenig positive Resonanz bekam – bis sich der junge Joseph Joachim seiner annahm und dem Meisterwerk zum Durchbruch verhalf.
In Joachuns Fußstapfen wandelte Benjamin Schmid im August 2022 im Brucknerhaus Linz: Das Dokument des Live-Mitschnitts springt den Hörer spontan an. Die zügig, hart und akzentuiert gespielten Paukenschlägen sind die Einstimmung in die Themen-Exposition und die folgende dramatische Auseinandersetzung zwischen Solist und Tutti im ersten Satz
Nach der kämpferisch gerittenen Attacke versenkte sich Benjamin Schmid mit dem sinnlichen Schmelz seiner tonschönen Stradivari „ex Viotti“ behutsam in den lyrischen Gesang des Larghetto, eher er nach Beethovens eigenen Eingängen die Zügel für’s abschließend finale Rondo Allegro erneut bestimmend anzog.
Eine eindrucksvolle, hörenswerte Interpretation, doppelt interessant der von Benjamin Schmid benutzen Kadenzen wegen. Aus den gut zwanzig vorliegenden Möglichkeiten wählte er als zusätzliche Rarität zwei Kadenzen ohne Opus-Nrummer aus der Feder des belgischen Virtuosen und Komponisten der Romantik Henri Vieuxtemps.
Martin Haselböck, der seine Meriten ja nicht zuletzt im Einsatz für Franz Liszt in dessen Geburtsort Raiding erwarb, verwendete zum Auffüllen auf eine Stunde Spieldauer Liszts frühe Adaptierung des langsamen Satzes aus Beethovens Trio B-Dur op. 97 Nr. 7 Erzherzog. Statt dieser noch so gut gemeinten Orchestrierung hätten, wenn schon Appendix, Beethovens zwei Violinromanzen mehr Sinn ergeben.