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Geistliche Liebeshändel

CD / BACH-KANTATEN

18/04/25 Das Wort „Verlangen“ führen beide Kantaten – BWV 49 und 32 – im Titel. Und auch wenn es in Ich geh und suche mein Verlangen Jesus selbst ist, der die Hochzeitstafel gerichtet hat für „meine Taube, schönste Braut“, fällt es schwer, an eine platonische Liebe zu glauben.

Von Reinhard Kriechbaum

Nicht weniger in der Kantate Liebster Jesu, mein Verlangen. Da ist es die Menschenseele, die wohl bald zugunsten des himmlischen Bräutigams „den Erdenstand verfluchen“ wird. Geistliche Liebeshändel in unterschiedliche Richtungen, aber dem gleichen Ziel...

Als Dialogus beziehungsweise Concerto in dialogo hat Bach diese beiden Stücke bezeichnet, die zum Eingängigsten und Einnehmendsten rechnen in seiner Kantaten-Schatztruhe. Nicht zufällig hat die Sopranistin Miriam Feuersinger, hier als Seele im allegorischen Dialog mit Klaus Mertens als Jesus, diese beiden Werke für eine Art „Jubiläums-CD“ gewählt. Seit zehn Jahren nämlich gibt es die Initiative Bachkantaten in Vorarlberg, getragen von ihr und dem Cellisten Thomas Platzgummer. In kleinster Besetzung wird da musiziert, und gerade das konzertante Element kommt wunderbar heraus: in BWV 49 die idiomatischen Beiträge der anspruchsvoll gesetzten obligaten Orgel (Johannes Hämmerle) und der Oboe d'amore (Elisabeth Grümmer), in BWV 32 die Solovioline (Renate Steinmann) – nicht zu überhören, dass sich da im Laufe eines Jahrzehnts nicht nur stilistische Kompetenz, sondern auch ein Höchstmaß an Vertrautheit und Gelöstheit angesammelt haben: So beherzt die Instrumentalisten zugreifen, so durchdacht und sängerfreundlich die Phrasierung. Beste Voraussetzungen für vorbildliche Textverständlichkeit.

Ein nettes Apercu zwischen den beiden Kantaten: Christoph Graupners Konzert C-Dur GWV 302 für Oboe d'amore, Streicher und basso continuo. Die Hautbois d'amour war damals eine relativ neue Erfindung, 1723 hat Bach sie das erste Mal in einer Kantate verwendet, Graupner sechs Jahre früher.

Irdisches Verlangen ist längst abgelegt in jenen nicht minder populären Kantaten, die der Bariton Christoph Prégardien mit Le Concert Lorrain unter Stephan Schultz nebst einigen Bassarien aus der Matthäuspassion aufgenommen hat. Kreuzstabkantate BWV 56 und Ich habe genug BWV 82 – da sind Menschenseelen ganz mit sich im Reinen, dass auf dieser Welt für sie nichts mehr zu holen ist. „Lasst uns mit diesem Manne ziehn!“, heißt es in BWV 82 an die Adresse Gottes gewandt. Mit Prégardien, diesem famosen Liedsänger, kann man diese Reise gut antreten. Hoch reflektiert in der Textgestaltung, werden das protestantische Jenseits-Verständnis und seine poetischen Bilder griffig aufgeschlüsselt. Den Text bringt Prégardien quasi in jeder Lebensend-Lage rüber, auch wenn das eher kräftig besetzte Orchester gelegentlich recht kompakt zur Sache geht.

Johann Sebastian Bach: Cantatas BWV 56 & 82. Christoph Prégardien, Le Concert Lorrain, Ltg. Stephan Schultz. Etcetera KTC 1704
Johann Sebastian Bach: Dialog-Kantaten BWV 32 & 49. Miriam Feuersinger, Klaus Mertens. Christophorus CHR 77473

 

 

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