Mächtiger Rufer in der Wüste

MOZARTWOCHE / CONCENTUS MUSICUS

24/01/25 Es gab schon Zeiten, da kein freier Platz blieb bei einem Konzert des Concentus Musicus Wien. Aber dieser Freitag (24.1.) mag ja noch Anreisetag gewesen sein für manche Mozart-Wöchner. Michael Schade war umjubelter Solist im Vormittagskonzert im Großen Saal des Mozarteums.

Von Reinhard Kriechbaum

Das Accompagnato Tröstet Zion! ist eine der bekanntesten Nummer aus Händels Messias, zu dem Anlass natürlich in der Überarbeitung durch Mozart für den „Baron Fuge“ Gottfried van Swieten und in dessen deutscher Textfassung. Da reklamiert Johannes sich als „Stimme des Predigers in der Wüste“. Diese war äußerst mächtig an diesem Vormittag. Michael Schade verfügt auch als Sechzigjähriger über viel Durchschlagskraft, und die weiß er mit der Geläufigkeit schlanker, wo gestalterisch nötig auch gestochen scharfer Koloraturen und vorbildlicher Textdeklamation zu paaren. In der Messias-Schnipselei waren die energischen Tenor-Gassenhauer beisammen, von der Arie Alle Tale über das adventliche Erwach' zu Liedern der Wonne bis zu Der da wohnet im Himmel, in der man in Schades und des Concentus Musicus urgewaltiger Gestaltung ob der „Wut des Herrn“ und seines „Eisenszepters“ schon vorsorglich den Kopf hätte einziehen wollen. Es war Dank dislozierter Trompeten und Hörner auch ein Ehrfurcht einflößender Raumklang.

Die Begeisterung für Michael Schade fiel entsprechend aus und wurde mit einer eher überraschenden Zugabe belohnt: mit der gar nicht donnernden Posaunen-Arie Jener Donnerworte Kraft aus Die Schuldigkeit des ersten Gebots des erst elfjährigen Mozart. Walter Voglmayr, Soloposaunist der Wiener Symphoniker, hat das Solo auf einer eng mensurierten Posaune geblasen, die viel Beweglichkeit ermöglicht und vor allem nie die Singstimme zudeckt.

Gerade im ersten Teil dieses Konzerts ist es sonst recht handfest hergegangen. Die eher selten gespielte Sinfonie Es-Dur KV 184 lebt vor allem im ersten Satz von den schmetternden Trompeten und auch in den Streichern schneidigen, vom Concentus gar nicht zimperlich angegangenen Motiven. Freilich schienen nicht alle im Orchester gleich schnell aufgewacht zu sein. Aber ein bisserl Ungenauigkeit darf man schon tolerieren zu der Tageszeit. Stefan Gottfried, ein großer Befeuerer, hat auch den Andante-Satz mit gewissem Nachdruck dramatisch aufladen lassen.

Es war ein Konzert, das gut Einblick gegeben hat in die Gegenwart des Concentus Musicus. Die „Altgedienten“ sind längst in der Minderheit, viele junge Leute bringen die in der Alte-Musik-Szene unterdessen übliche klangrednerische Power mit. Da wäre im Einzelnen vielleicht ein Einbremsen angeraten.

In der Posthorn-Serenade wird meist nur der Spieler des namensgebenden Solos erwähnt. Das war hier Andreas Lackner. Aber viel wichtiger sind in den anderen Sätzen ja die Flöten und Oboen, als Soli und im Corps. Ganz fein, was Hans Peter Westermann in der Bläser-Concertante mit der Oboe beitrug und wie sich Mathias Kiesling und Katharina Kröpfl die Aufgaben am Flötenpult teilten. Das tatsächlich „non troppo“ genommene, sanft bewegte Rondeau ist ebenfalls ein Gustostück für die Soloflöte und im Andantino haben wieder die feinen Marginalien der Oboe aufhorchen lassen. In diesen Mittelsätzen der Posthorn-Serenade war also zu vernehmen, wie viel Feinarbeit der Dirigent Stefan Gottfried auch ermöglicht und anregt.

Bilder: Stiftung Mozarteum / Wolfgang Lienbacher