Der Finne ist Kult

LITERATURHAUS / EUROPA DER MUTTERSPRACHEN / FINNLAND

22/04/10 „Ganz sicher“ in Salzburg ankommen wird Risto Isomäki: Finnlands prominentester Umweltaktivist reist nur per Bahn und per Schiff. Im Übrigen hofft Literaturhausleiter Tomas Friedmann, dass sich „die Wolke“ bis Mittwoch nächster Woche wieder verzogen haben wird. „Noch nie haben wir bei einem Muttersprachenfestival so viele Autoren und Künstler erwartet“.

Von Heidemarie Klabacher

altWenn sie nicht schweigen, telefonieren sie mit Nokia. Wenn sie nicht in der Sauna schwitzen, sitzen sie in der Bücherei: 80 Prozent der Finnen gehen regelmäßig in Bibliotheken und leihen sind mindestens 20 Bücher pro Jahr aus. Drum sind sie auch in der Pisa-Studie immer ganz vorne… Solche Klischees sagen gar nichts und zugleich sehr viel über ein Land und seine Bewohner aus. Gemessen an der Einwohnerzahl (5,3 Millionen) hat Finnland jedenfalls die größte Buchproduktion weltweit.

Ganz besonders hoch in Ehren halte man in Finnland das Comic: Die Kunstform wird staatlich gefördert, es gibt Preise für Zeichner, eigene Verlage und eigene Shops. Und natürlich sind die Finnen auch beim Comic „schräg“ (kult), ganz wie das Klischee es will: Mit Nadel und Faden gestickte Comics etwa sind in der Begleitausstellung zum Muttersprachenfestival im Literaturhaus zu sehen: „Leider nicht die Originale“. Dafür werde die Schau nur in Salzburg und Stuttgart Station machen.

„Finnland wird 2014 im Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse stehen, und schon im Vorfeld wollen sich die Finnen in ganz Europa über Kunst und Kultur präsentieren“, erzählte Tomas Friedmann heute Donnerstag (22.4.) bei der Präsentation des 15. Festivals „Europa der Muttersprachen“. Daher sei das heurige Festival erstmals eine Länder übergreifende Co- und keine reine Eigen-Veranstaltung des Literaturhauses.

altDie finnische Literatur sei keine Literatur der „Sprachspielereien“, sagt Tomas Friedmann. „Die Finnen trauen sich, zu erzählen.“

Etwa jeder zweite Finne wird mit dem Wörtchen „Kult“ apostrophiert. Das Finnland-Festival startet also am Mittwoch (28.4) - der Abend steht unter dem Motto „Die Geschichte bin ich“ - mit einem echten „Kult-Finnen“: M.A. Numminen eröffnet um 19 Uhr mit seiner Vertonung der Liebesbriefe von Martin Heidegger und Hannah Arendt (kein Scherz). Anschließend lesen werden Tuomas Kyrö, Leena Lander und Johanna Sinisalo.

Der zweite Abend am Donnerstag (29.4.) steht im Zeichen des Krimis: Leena Lehtolainen, die bekannteste Krimiautorin Finnlands, schickt ihre Serienheldin Maria Kallio unbeirrt in alle Schichten und Winkel einer konkret und realistisch dargestellten finnischen Gesellschaft. Sie habe, so Friedmann, auch im deutschsprachigen Raum schon Hunderttausende Leser angesprochen. Markku Ropponen lässt seinen Privatdetektiv gar in der finnischen Kleinstadt Jyväskylä ermitteln. Risto Isomäki alt(der mit dem Schiff reist) entwickelt in seinem Roman „Die Schmelze“ einen Atlantis-Thriller.

Der zweite und der dritte Abend im Literaturhaus starten jeweils einem Film von (Kult)-Filmemacher Aki Kaurismäki eröffnet: „Crime and Punishment“ und „Calamari Union“ sind Kaurismäkis erste Filme.

„Schräg“ ist das Motto des dritten Abends am Freitag (30.4.). Hier liest der einzige „Original-Nichtfinne“: Der in Helsinki verheiratete deutsche Autor Roman Schatz hat eine „Gebrauchsanweisung für Finnland“ geschrieben und ist in seiner Wahlheimat - natürlich - „Kult“: „Die Finnen haben in längst adoptiert, vereinnahmt. Sie lieben ihn“, so Tomas Friedmann. Das (Kult)-Mundharmonika-Quartett „Sväng“ beschließt das Festival, bei dem es heuer erstmals ein Kinderprogramm, mit dem Autor Timo Parvola, geben wird.

www.literaturhaus-salzburg.at

Bilder: Literaturhaus