Revenants
ohneweiteres könnte man sich gemeinsam mit Valentin Pfeifenberger auf überwachsenen Pfaden den Untersberg besteigen sehen (und ihn dabei in den höchsten Tönen vom Aufhalten des WeltEndes singen hören), nachdem am Grödiger Fuß des Berges ein geeignetes Naturtheater zur Aufführung seines Untersbergspiels (eines Zeitrustikales) gefunden wäre, ähnliches ließe sich auf steilen Großgmainer Anstiegen auch mit dem freundlichen Pfarrer Herbert Schmatzberger unternehmen, wobei er mit jeweils gewonnener Höhenlinie die neu aufgehenden Aszendenz-Bilder des Heidelberger Schicksalsbuchs ins Heutige zu übersetzen imstande wäre (er wird sinnlose Arbeit tun, er wird ein Mörder sein), dann käme einem der Jäger Hulzögger – eben hat er drei Flüchtlingsfamilien über die grüne Grenze nach Bayern geführt – festen Schritts am Wachtberg entgegen, um ganz wider sein SchweigeGelübde von den wenig erquicklichen Weissagungen aus dem BergInneren zu berichten, der kleidersammelnde Severin hätte partout darauf bestanden, nach Freisprechen der verleumdeten KräuterHexe auf der Stelle sein Kuchler Kerzenwunder zu wiederholen und Virgil wäre mehr als erfreut darüber gewesen, den seit Jahren versprochenen Lichtbildervortrag über seine irische Heimat endlich nachholen zu können, Theophrast Bombast hätte im Vorbeigehen (Segensformeln murmelnd) jedem Wiedergänger eine von seinen Meisterwurzeln zugesteckt, welche er stets im Hosensack als Allheilmittel (Panaceae) bei sich zu tragen pflegte, während der am Hohen Göll verunglückte Liebling Georg Schuchter lebfrisch herübergerufen hätte: eben sei seine TitelRolle im neuesten GedächtnisStück des mäandernden Gert Jonke fertig memoriert, vom sandigen St. Pankraz am Haunsberg aus würde man den mit Siebenmeilenstiefeln aus dem Bayrischen herbeispringenden Erwin Rehling erkennen können, mit immer deutlicher werdendem Fliesophon und KuhGlockenspiel unterm Arm, das könnte sehr wohl die umsichtige Tina Sachs sein, wie sie eine milchstrotzende Ziegenherde unter Lockrufen über die Laufener Salzachbrücke in die renaturierte Antheringer Au zum Grasen herüberführt, und wie durch die beiden Sehflecken eines Binockls könnte man jetzt gar den Herrn Erzbischof mit Finanzchefin, die Frau Bürgermeister samt Baurätin und den stadtbekannten inzwischen wohl gewendeten iranischen ImmobilienInvestor gemeinsam mit dem aus Graubünden angereisten Architekten Peter Zumthor über dessen Plane zur mehr als diskreten Überbauung der AlmkanalUfergründe gebeugt stehen sehen, für die ach so kurze Zeit bis zum nächsten Wimpernschlag lang
Mit freundlicher Genehmigung des Autors Bodo Hell und des Literaturfests Salzburg
Bodo Hell, geboren 1943 in Salzburg, lebt in Wien und im Sommer auf der Grafenbergalm am Dachstein, schreibt Prosa (intertextuell und der Faktizität verpflichtet) und Texte für Radio und Theater, verfasst Schrift im öffentlichen Raum. Dazu kennt man von Bodo Hell Text-Musik-Performances, Essays zur bildenden Kunst, Fotos, Film, Ausstellungen. Am Dachstein betreibt Bodo Hell natürlich Almwirtschaft. In seinem Bild- und Textband „Stadtschrift“ versucht der „tollkühne Autor, Performer und Genauschauer einen zweiten Blick, der sich zugleich auf und hinter die Fassaden des Urbanen richtet“, hieß es im „Profil“: „Mit assoziativer Treffsicherheit kompiliert er Fotografien von Werbetafeln, Schildern, Aufschriften, Plakaten und Graffiti zu entrückten Kompositionen, die wie Kippbilder funktionieren und Geheimnisse verkünden, wo vielleicht gar keine sind.“