Pflasterstein und Abwaschhilfe

LITERATURFEST SALZBURG / BRECHT UND WEIGEL

25/05/18 „Revolten“ sind ein zentrales Thema beim 11. Literaturfest Salzburg. Revolten freilich finden nicht nur auf der Straße statt, sondern auch im Wohn- oder Schlafzimmer – oder in der Küche. Stefanie Reinsperger und Nico Holonics geben Einblicke in die leidenschaftlich konfliktreiche Beziehung eines der berühmtesten deutschsprachigen Theaterpaare: Bert Brecht und Helene Weigel.

Von Heidemarie Klabacher

Die Schauspielerin Stefanie Reinsperger, die „Buhlschaft“ aus dem aktuellen „Jedermann“ der Salzburger Festspiele, und ihr Kollege Nico Holonics lesen am Samstag (26.5.) aus den Briefen von Bert Brecht und der Schauspielerin Helene Weigel. Dieser Briefwechsel aus den Jahren 1923 bis 1956 ist unter dem Titel „ich lerne: gläser + tassen spülen“ im Suhrkamp Verlag erschienen. Daraus hat Bettina Hering, die Leiterin des Schauspiels der Salzburger Festspiele, Passagen für das Literaturfest ausgewählt: „Die Briefe erzählen von bewegten Zeiten, selten an einem Ort lebend, zuerst zwischen Berlin und München und schließlich im Exil.“ Bert Brecht ist einer der gar nicht so wenigen Großen, die „wir“ Salzburger erfolgreich aus der Mozartstadt vergrault haben.

Brecht, der nach der Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft 1935 durch die Nationalsozialisten staatenlos war, knüpfte nach dem Zweiten Weltkrieg Kontakt zum Komponisten Gottfried von Einem. Als Direktoriumsmitglied der Salzburger Festspiele strebte Einem eine künstlerische Zusammenarbeit mit Brecht an, der einen „Gegen-Jedermann“ für Salzburg schreiben sollte.

Brecht wiederum lebte bereits seit 1948 in Ostberlin, wollte aber einen österreichischen Pass, um international tätig sein zu können: „Im Augenblick denke ich auch daran, mich im Österreichischen, in der Salzburger Gegend niederzulassen, um einen Punkt zu haben, zu dem man zurückkehren (und den man verlassen) kann.“ Daraus wurde nichts.

„Auf Empfehlung Gottfried von Einems wurden Bert Brecht und Helene Weigel im Frühjahr 1950 österreichischer Staatsbürger – was im bürgerlichen Österreich in der Atmosphäre des Kalten Krieges eine Welle der Entrüstung gegen den sogenannten ‚Berliner Salonkommunisten‘ auslöste, die schließlich in einem landesweiten Brecht-Boykott mündete“, erinnert das Literaturfest an einen heutzutage recht peinlich anmutenden „Kulturkampf“.
Maßgebliche Initiatoren waren die Publizisten Hans Weigel und Friedrich Torberg, wobei es Torberg weniger um Brechts literarisches Talent, sondern um die kommunistische Propaganda ging: „Ich bin nicht gegen Brecht. Ich bin gegen die Brechtokokken.“ Und er habe „nichts dagegen, dass man Brecht spielen darf, ich bin nur dagegen, dass man ihn spielt“.  Erst in der Spielzeit 1962/63 wurde am Wiener Volkstheater unter der Regie von Gustav Manker erstmals wieder ein Stück von Bert Brecht in Österreich zur Aufführung gebracht.

Das Literaturfest Salzburg dauert noch bis 27. Mai – Stefanie Reinsperger und Nico Holonics treten am Samstag (25.5.) um 19.30 im Republic auf - www.literaturfest-salzburg.at
Bilder: LFS/Michèle Pauty;Franziska Taffelt