Bühne für Politik, Kunst und Kommerz
BUCHBESPRECHUNG / RESIDENZPLATZ
14/06/19 Ein paar Tage ist es her, da titelte eine Salzburger Tageszeitung: „Stinkt der Belag am Residenzplatz“? Um 1900 wurde in der Presse die sogenannte „Schleppenfrage“ diskutiert – angeblich wirbelten Damen in langen Röcken zu viel Staub auf, wenn sie auf dem Platz promenierten.
Von Reinhard Kriechbaum
Damals – anno 1900 – geisterte ein pragmatischer Vorschlag von Hygienikern und Bachfachleuten durch Wiener Zeitungen: Damen sollten doch auf diemodernen langen Röcke verzichten,um weniger Staub aufzuwirbeln. Die Sache mit dem Geruch jetzt lässt sich mit Garderobewechsel eher nicht befriedigend lösen.
Was uns die Marginalie aus dem Buch Der Salzburger Residenzplatz. Wandel eines Ortes, die anlässlich der endgültigen Fertigstellung des Platzes lehrt: Wie man's macht, ist es vermutlich falsch. Und es könnte leicht sein, dass das von Teilen der Salzburger Bevölkerung seit je her so empfunden wird. Das schmale, reich illustrierte Büchlein aus dem Verlag Müry Salzmann ist auf der einen Seite Dokumentation: Die Architekten Eduard Widmann und Erich Wagner stellen die an sie gestellte Aufgabe und deren (nun realisierte) Lösung dar. Viele Kollegen haben sich in den vergangenen hundert Jahren Gedanken gemacht, offiziell beauftragt (zu Wettbewerben geladen) oder aus eigenem Antrieb Vorschläge ausgearbeitet. Hans Hollein und Gerhard Garstenauer sind zwei prominente Namen. Fast schon witzig, was man sich 1886 beim Stadtverschönerungsverein ausgedacht hat: um den Tritonenbrunnen ein Kreisrund aus Bäumen, Ruhebänken und Gas-Kandelabern.
Gerhard Plasser fasst die Geschichte des Platzes knackig und gemäß dem aktuellen Wissensstand zusammen, erzählt vom Werden der urbanen Strukturen. „Der Platz als Bühne für Politik, Kunst und Kommerz“ (so ein Zwischntitelin dem detailreichen historischen Essay) ist jedenfalls keine Erfindung heutiger Zeit. Andrew Phelps hat fotografiert und mit dem sicheren Blick eines „Zugereisten“ (von dem man annehmen darf, dass ihm die Altstadt auch ein klein wenig ans Herz gewachsen ist) das Ortsspezifische eingefangen – hübsche Kontrapunkte gibt das bildnerische Archivmaterial, zu dem Gerhard Plasser als Mitarbeiter des Salzburg Museums Zugang hat.
Schotter oder Pflastersteine (nach denen, angesichts des angeblich so stark stinkenden Schotterbelag-Bindemittels, dieser Tage ein Bürgerlisten-Gemeinderat wider alle historische Expertise des Bundesdenkmalamts rief), Events aller Art: Es ist gewiss nicht ausgestritten um den Residenzplatz und wird es auch nie sein – auch wenn der Platz jetzt mal „fertig“ ist.