Aus der Augsburger Jesuitengasse

BUCHBESPRECHUNG / LEOPOLD MOZART

04/04/19 Der Schöpfer einer Violinschule, die bis heute die Aufführungspraktriker beschäftigt. Der Impresario des Kinder-Präsentationsunternehmens Wolfgang&Nannerl. Bei Pustet ist das Katalogbuch zur Ausstellung über Leopold Mozart im Mozart-Wohnhaus erschienen.

Von Reinhard Kriechbaum

Logischerweise findet sich in einem solchen Buch noch manches, was über den „Mozart-Vater“ hinaus weist. Dass Leopold Mozart sich beispielsweise aufs Kupferstechen verstand und schon sein Opus eins, eine Serie von sechs Kirchensonaten, selbst in Druck beförderte, ist bemerkenswert. „...meistens nur, um eine Uebung in der Rafdierkunst zu machen“, heißt es dazu in einem Tonkünstler-Lexikon der Zeit. Den Beitrag mit ausreichender Eigen-PR hat Leopold Mozart vermutlich selbst verfasst, so der Musikologe Cliff Eisen im Beitrag über Leopold als Komponist. Im Aufsatz über Leopold Mozart und Augsburg von Cornelia Wild und Stefan Lindl erfahren wir etwas über das Umfeld, auf dem ein umfassend gebildeter, in die Musik frühzeitig eingefuchster und eben späterhin geistig wie handwerklich firmer Mensch reifen konnte in einer Stadt, in der das Bürgertum einen traditionell hohen gesellschaftlichen Stellenwert einnahm. Dieser Nährboden hatte quasi eine Postadresse: Jesuitengasse Dort wohnten Künstler der verschiedensten Disziplinen Haus an Haus oder gar unter einem Dach. Johann Georg Bergmüller war vermutlich jener, dem Leopold das Kupferstechen abschaute.

Die Familie Mozart lebte in Augsburg mit Johann Evangelist Holzer im selben Haus. Dieser Maler kam aus Südtirol und verstand sich auf das, was man heute als Lüftlmalerei bezeichnet. Ein Spezialist für Fassadenmalerei also, von dessen Bauerntanz in Lech die Kunstverständigen der Epoche in höchsten Tönen schwärmten. Bestimmt kein Zufall, dass Leopold Mozart in seinem Divertimento Die Bauernhochzeit dieselben Instrumente (inklusive Sackpfeife) verwendete, die der Kollege an die Außenwand eines Wirtshauses gemalt hatte.

Ein Leben im Künstlerbiotop Augsburg, Jesuitengasse war also offenbar anregend, und weil der Komplex ja dem Jesuitenkloster unmittelbar angeschlossen war, fehlte es gewiss auch nicht an geistigen/geistlichen Impulsen (wobei die Jesuiten dort noch eher mit gegenreformatorischer Agitation als mit dem Nachdenken über die Aufklärung befasst waren. Jedenfalls wusste Leopold Mozart sich auf dem klerikalen Parkett zu bewegen, schon bevor er in Salzburg aufgrund zu wenig fleißigen Vorlesungsbesuchs aus der Benediktineruniversität wieder ausgegliedert wurde. Aber die geistlichen Herren behielten ihn im Auge. Jedenfalls führte er sich dort mit Kantaten und geistlichem Musiktheater vor allem für die Fastenzeit als Komponist früh ein: Christus begraben, Christus verurteilt, Der Mensch ein Gottesmörder sind Titel solch früher Werke.

Eva Neumayr hat einen Text über das kirchenmusikalische Schaffen Leopold Mozarts beigetragen, Anja Morgenstern über ihn als Hofmusiker und Vizekapellmeister, Ulrich Leisinger widmete einen Aufsatz der berühmten Violinschule, Maria Erker nahm die Rolle Leopolds als Erzieher und Pädagoge der eigenen Kinder in Augenschein, Fabian Wdidinger den Unternehmer und Manager. All die Wunderkind-Reisen wollten ja auch organisiert und (privat!) finanziert sein. Ein zeitgeschichtlich ergiebiges Thema: Armin Brinzing über Mozarts Vater als Belesener Komponist und komponierender Leser. – Dies nur eine Auswahl aus den rund sechzig Seiten des deutschsprachigen Buchteils, denen die englische Übersetzung und der Katalogteil folgen.

Leopold Mozart. Musiker – Manager – Mensch. Musician – Manager – Man. Hrsg.: Internationale Stiftung Mozarteum. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2008. 207 Seiten, 24 Euro – www.pustet.at
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