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Wie Hallein zum Gruber-Nachlass kam

HINTERGRUND / HALLEIN / 80 JAHRE KRIEGSENDE

05/05/25 In diesen Tagen und Wochen wir allüberall des Kriegsendes gedacht – die Tage, an denen tatsächlich die weißen Fahnen rausgehängt wurden, differieren ja von Ort zu Ort. In Hallein war es am 5. Mai so weit. Deshalb wird die Schau 1945/2025. 80 Jahre Kriegsende in Hallein gerade heute Montag, um 18 Uhr eröffnet.

Am 25. April 1945 wurde Hallein mit seinem Bahnhof als potentielle Fluchtroute vom Obersalzburg zum Ziel eines heftigen letzten alliierten Bombardements. Als erster Verband der Alliierten traf eine französische Panzerdivision vom Obersalzberg her in Hallein ein, kurze Zeit später gehörte die Stadt dann zur US-amerikanischen Zone. Für die unblutige Übergabe Halleins sorgten Karl Nedomlel – von den Alliierten am 5. Mai 1945 als Bürgermeister eines provisorischen Gemeindeausschusses eingesetzt – und seine kommunistischen Genossinnen und Genossen. Agnes Primoschitz war die prominenteste kommunistische Widerstandskämpferin.

Die Industriestadt Hallein war traditionell eine „rote Hochburg“. Sowohl beim Einmarsch von Hitlers Truppen als auch während des NS-Regimes und zum Kriegsende waren Sozialdemokraten und Kommunisten in Hallein präsent. Sieben Halleiner entschärften in einer gefährlichen Aktion bereits angebrachte Sprengsätze an der Stadtbrücke. Vor allem mutige Frauen rund um Agnes Primoschitz von der KP leisteten in den letzten Kriegsmonaten tatkräftigen Widerstand, organisierten unter Einsatz ihres Lebens Fluchtpläne von KZ-Häftlingen und versorgten Angehörige von politisch Inhaftierten.

Dass das Keltenmuseum Hallein mit dieser regional-historischen Gedenkausstellung ausgerechnet ins Stille-Nacht-Museum geht, mag einigermaßen verwundern. Es gibt aber einen ganz konkreten Bezug. Natürlich nicht zum Lied, aber zum Enkel seines Komponisten.

In Hallein hatten österreichische Nationalsozialisten bereits vor dem Einmarsch deutscher Truppen in der Nacht von 11. auf 12. März 1938 die Macht in Stadt und Land Salzburg übernahmen. In Hallein marschierten am 12. März gegen Mittag deutsche Gebirgsjägertruppen über die Dürrnbergstraße ein. Widerstand und Proteste gab es von den Halleiner Kommunisten, Verhaftungen folgten prompt. Im Großen und Ganzen nahm die Halleiner Bevölkerung die neue Situation eher abwartend hin.

Der Umbau von Staat und Gesellschaft war von Hitler schon lange geplant, darunter die Einschränkung des Einflusses der katholischen Kirche. 1938 führten die Nazis auch in Österreich die obligatorische Zivilehe ein: die Geburtsstunde der Standesämter, die ab Jänner 1939 für die Führung der Personenstandsregister (Geburt, Eheschließung, Tod) zuständig war, darüber hinaus auch für Diskriminierungsmaßnahmen wie Einhaltung der „Rassen- und Blutschutzgesetze“, die Ausstellung von „Ahnenpässen“ und die Vorschrift zur Beifügung der Namen „Israel“ und „Sara“ in den Papieren von jüdischen Bürgerinnen und Bürger.

Der erste Standesbeamte in Hallein war Felix Gruber (1882-1940), Enkel des Komponisten und Kirchenmusikers Franz Xaver Gruber. Auch Felix Gruber war Musiker und Chorleiter und als solcher hoch angesehen, nicht nur in Hallein. Er war ab 1905 und auf Lebenszeit Chormeister der Halleiner Liedertafel, außerdem war er ab 1920 langjähriger Bundeschormeister des Salzburger Sängerbundes und von 1930 bis 1934 Vorsitzender der Landesgruppe Salzburg-Chiemgau des Österreichisch-süddeutschen Chormeisterverbandes. Im Salzburger Marionettentheater trat er als Sänger auf (Kasperl Larifari). Im Film Das unsterbliche Lied (Regie Hans Marr) spielte er 1934 seinen Großvater Franz Xaver Gruber.

In der wirtschaftlichen Krise der Zwischenkriegszeit sah er sich gezwungen, den wertvollen Nachlass seines Großvaters zu verkaufen. 1938 einigte er sich mit der Stadtgemeinde Hallein darauf, im Austausch für eine Anstellung als erster Standesbeamter das historische Erbe seiner Familie seiner Heimatgemeinde zu überlassen. So also kam die Gemeinde in den Besitz des Nachlasses vom Stille Nacht-Komponisten – und Felix Gruber zu einem Job, in dem er mit Hakenkreuz am Ärmel amtierte. „Inwiefern Felix Gruber die NS-Ideologie mittrug, lässt sich anhand der Quellen nicht beurteilen“, heißt es auf einer der Schautafeln in der Ausstellung.

Die Sonderausstellung spannt den Bogen von der Eingliederung Österreichs in das „Deutsche Reich“, über den Rüstungsbetrieb „Eugen-Grill-Werke“ bis hin zur ersten Gemeinderatswahl nach 1945. Das „Landratsamt“ der Nazis (heute Bezirkshauptmannschaft) bezog Quartier im ehemaligen Augustiner-Eremiten-Kloster auf dem Georgsberg, ebenso die Führung der örtlichen Hitlerjugend. Die SS nützte seit 1943 ein Barackenlager auf dem heutigen Gelände der Firma AustroCel Hallein als Ausbildungskaserne. Als Arbeitskräfte holte man Häftlinge aus dem KZ Dachau. Rund tausend Soldaten des Halleiner SS-Bataillons waren im Bereich von Goldegg zur Jagd nach Deserteuren eingesetzt, noch in den letzten Kriegstagen bildeten sie „fliegende Standgerichte“ und richteten Deserteure hin. Nach Kriegsende dienten die Halleiner SS- Kasernenbaracken zur Unterbringung von „Displaced Persons“. (Keltenmuseum Hallein/dpk-krie)

1945/2025. 80 Jahre Kriegsende in Hallein. Sonderausstellung des Keltenmuseum Hallein im Stille Nacht Museum Hallein, bis 13. Juli – www.keltenmuseum.at
Bilder: Keltenmuseum Hallein

 

 

 

 

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