Romanseiten für die Leinwand

LITERATURFEST / DAS KINO

18/05/22 Die chinesische Adaption von Brief einer Unbekannten durch den Regisseur Xu Jinglei  und die losen Assoziationen in Wes Andersons Grand Budapest Hotel sind Beispiele für die Zweig-Rezeption im Film neueren Datums. – Morgen Donnerstag beginnt eine Zweig-Filmreihe im Filmkulturzentrum Das Kino.

Von Reinhard Kriechbaum

Philipp Stölzls Verfilmung der Schachnovelle aus dem Vorjahr ist die neueste Adaption eines Zweig-Stoffes in der Filmreihe, die zum Vergleich auch eine weitere Version der Schachnovelle, anbietet, die Fassung von Gerd Oswald mit Mario Adorf und Curd Jürgens von 1960. Dazu manch weiterer Klassiker: „Wenn du diesen Brief liest, bin ich schon tot“ – die ersten Zeilen des Briefes sind in Großaufnahme zu lesen, dann übernimmt die weibliche Erzählstimme die Geschichte vom Brief einer Unbekannten für die Leinwand adaptiert von Max Ophüls 1948.

Dazu also als denkbar größter Kontrast die fernöstliche Version von Xu Jinglei als Hauptdarstellerin und Regisseurin. Sie legte diese chinesische Adaption als melancholisch-zauberhaftes Porträt einer unmöglichen Liebe an. Sie beginnt mit dem Moment, in dem ein 13-jähriges Mädchen ein Auge auf ihren neuen Nachbarn wirft, erzählt von der kurzen, leidenschaftlichen Liebe in den Jugendjahren und den harten Zeiten, in denen sie das gemeinsame Kind allein aufziehen muss. Und vom Moment der Wiederbegegnung, des Unerkanntbleibens, der Verzweiflung.

Nur mittels eines Briefes ist sie in der Lage, ihm alles zu erzählen. Zum ersten und zum letzten Mal. Klaus Maria Brandauer, Faye Dunaway waren 1988 die Hauptprotagonisten in Brennendes Geheimnis (Regie und Drehbuch Andrew Birkin).

Stefan Zweig blickte als Schriftsteller in seinen Texten auf die Vergangenheit zurück und reflektierte die Gegenwart – nicht zuletzt deshalb gab es bereits zu seinen Lebzeiten Verfilmungen seiner Novellen, etwa 24 Stunden aus dem Leben einer Frau von Robert Land. Das war schon die dritte Zweig-Verfilmung zu Lebzeiten des Autors.

1934 verließ Stefan Zweig Salzburg, wo er seit 1919 lebte. In ihrem sinnlich-opulenten Film Vor der Morgenröte zeigt Maria Schrader den Autor von seinem ersten Aufenthalt in Brasilien bis zu seinem Tod im Exil in Petrópolis.

Das war vor genau achtzig Jahren – und das ist auch der grund, warum das Literaturfest in zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv Salzburg und dem Kino diese Filmreiche präsentiert. Morgen Donnerstag (19.5.) führt Manfred Mittermayer im Anschluss an den Film Vor der Morgenröte ein Gespräch mit Oliver Matuschek und Stephan Resch, tags darauf spricht er nach der neuen Verfilmung der Schachnovelle durch Philipp Stölzl mit dem Drehbuchautor Eldar Grigorian.

Stefan-Zweig-Filmreihe, von 19. Mai bis 8. Juni. Alle veranstaltungen beginnen um 19.30 Uhr – www.daskino.at, www.literaturfest-salzburg.at

Bilder: Literaturfest Salzburg / Constantin Film (1); Filmladen (1)