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Doch keine Grandma Moses aus Salzburg

IM PORTRÄT / DORIS PACHER

19/02/21 „Es war einmal“, ist man versucht, zu beginnen: Da gab es 1973 im Salzburger Künstlerhaus eine Ausstellung Naive Malerei in Salzburg. Anlässlich dieser Ausstellung bildete sich im Umkreis der Grödiger Malerin und Galeristin Irene Sazenhofen eine Gruppe, der ausschließlich Frauen angehörten: Salzburger Naive.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Gruppe hatte nur wenig innere Bindung und deshalb nur kurz Bestand, obwohl sich die meisten dieser Malerinnen ihr Leben lang stilistisch selbst treu blieben. Die bei weitem Älteste war Agnes Muthspiel (1914-1968). Weitere Namen: Alice Cermak, Helga Müller, Erna Pliem, Maria de Posz, Eva Röttenbacher, Ilse Sprohar, Trude Engelsberger-Drioli und Irene Sazenhofen. Eine, die damals auch dabei war, ist Doris Pacher. Sie feiert heute Freitag (19.2.) ihren 85. Geburtstag.

Eine „Iiebevolle Reminiszenz an den arglosen kindlichen Blick“ attestierte der Salzburger Kunsthistoriker Nikolaus Schaffer diesen Salzburger Naiven. Und das gilt natürlich auch für Doris Pacher. „Sie liebt die Wirklichkeit auf poetische Weise“, kann man in einem Lebenslauf über sie lesen. „Überall findet man lyrische Umbildungen, in denen sich durch die äußere Erscheinung die Seele der Dinge kundtut.“ Solche „lyrischen Umbildungen“ freilich sind das eigentlich Aufschlussreiche an ihren Arbeiten. Wenn auch die Motive durchwegs dem optimistisch stimmenden Fundus einer heilen Welt entnommen sind, wirken sie selten wie Eins-zu-eins-Abbildungen.

Ein Stilmittel für Doris Pacher war oft das Spiel mit Architekturelementen, in dem sich immer ein Gespür für die Form ausdrückte. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kolleginnen hat sie ihre Bildwelten eher selten mit Menschen bevölkert. Die Eisläufer auf dem Leopoldskroner Weiher sind eher die Ausnahme. Lieber hat Doris Pacher ihre idyllischen Winkel und sich weitenden Veduten mit Vögeln oder Blumen belebt.

Doris Pacher wurde 1936 in Hamburg geboren und lebt seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr in Salzburg. Sie war mit dem Bildhauer Hans Pacher verheiratet. Schaffensstätte der Malerin war jahrelang ein kleines Atelier am Kapitelplatz – diese Vertrautheit mit dem gebauten Erbe sieht man vielen ihrer Salzburg-Veduten an. Motive suchte und fand sie aber auch auf vielen, auch weiten Reisen. Venedig galt ihre besondere (aber nicht ausschließliche) Liebe. Eine feine Tempera-Technik ermöglichte ihr sehr differenzierte Flächengestaltungen, wobei verhaltene, gebrochene Farbtöne (wie prädestiniert für Venedig-Veduten) eigentlich der unmittelbaren Zuordnung zu den „Naiven“ widersprechen. Da waren manche Kolleginnen aus der Gruppe der Salzburger Naiven entschieden epigonenhafter im stilistischen Fahrwasser der legendären Grandma Moses unterwegs. Jedenfalls spiegelt die meist kleinformatige und sympathisch zurückhaltende Malerei der Doris Pacher ein starke eigene Handschrift. Leider kann sie nach schwerer Krankheit nicht mehr malen.

„Das Schöne wird gesucht und poetisch verarbeitet, der Blick ist auf das Freundliche, Freude Bereitende gerichtet“, schrieb Anselm Wagner in einem Buch zum 150-Jahre-Jubiläum des Salzburger Kunstvereins, aus dem ja manche kurzlebigen Künstlervereinigungen hervorgingen. Das hat mit dem Wassermann begonnen und wurde in den 1950er Jahren von der Salzburger Gruppe fortgesetzt, die nach einer Moderne suchte, die in Salzburg damals noch lange nicht spürbar war. In der Zeit, als Doris Pacher und ihre Mitstreiterinnen als Salzburger Naive in Erscheinung traten, waren einige Kolleginnen und Kollegen als Gruppe 73 in Sachen Abstraktion umtriebig. Pikanterie am Rande: So manche „Naive“ war mit Mitgliedern dieser Künstlergruppe verheiratet.

Bilder: privat

 

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