Ein Architekt in der Mitte der Gesellschaft

TODESFALL / GERHARD GARSTENAUER

25/11/16 „Garstenauers Wirkungsbereich ist regional konzentriert – es ist die Stadt und das Land Salzburg –, dafür aber paradigmatisch für die Möglichkeiten und Dimensionen eines Architekten in dieser Gesellschaft.“ Das steht in einer bei Pustet erschienenen Monographie über Gerhard Garstenauer. Der Salzburger Architekt ist kürzlich verstorben. Er war 91 Jahre alt.

Von Reinhard Kriechbaum

Im Jahr 2010 hatte Garstenauer sein gesamtes, wohlgeordnetes Archiv dem Salzburg Museum übergeben: Unterlagen zu seinen Bauten und Projekten mit Skizzen, Entwürfen, Plänen, Baudokumentationen und einigen Modellen. Dies war damals der Anlass, im Museum eine neue Sammlung mit dem Titel „Architekturdokumentation“ zu begründen. Die wichtigen Bauten des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart sind ebenso Inhalt dieser Sammlung wie die großen Projekte des Barock, z.B. die Bauten von Solari, Fischer oder Hildebrandt.

Große Namen, in die sich Garstenauer, wiewohl eben „regionaler“ Architekt, mit gutem Grund selbstbewusst einreihen durfte. Die in den 1960er Jahren gebaute Felsentherme und das Kongresszentrum in Bad Gastein stammen von ihm und künden von einer Zeit, da dort noch beispielhaft gebaut worden ist und nicht tendenziell Ruinen verwaltet worden sind. Seine Handschrift trägt auch der für die Universität adaptierte Toscanatrakt der Residenz in der Salzburger Innenstadt. Sein Wohnhaus in Salzburg/Aigen steht seit einigen Jahren unter Denkmalschutz. Eine solche Würdigung zu Lebzeiten ist nur wenigen Architekten vergönnt.

Gerhard Garstenauer wurde am 22. Jänner 1925 in Fusch an der Glocknerstraße geboren. Von 1937 bis 1947 ging er in Salzburg zur Schule. Anschließend studierte er an der Architekturfakultät der Technischen Universität in Wien und promovierte 1967. Seit 1954 arbeitete er als selbständiger Architekt. 1973 bis 1978 hatte er eine Gastprofessur an der Universität Innsbruck inne. 1980 habilitierte er sich an der TU Graz. 1983 und 1984 hielt er Vorlesungen am Historischen Institut der Universität Salzburg zum Themenbereich Architekturpraxis und Kunstgeschichte.

In den 1970er Jahren war Gerhard Garstenauer angefragt, wenn es darum ging, in historischer Umgebung, in der Innenstadt zu bauen: Die Restaurierung und Umgestaltung des Restaurants K+K am Waagplatz trägt ebenso seine Handschrift wie die Galerie Welz. Ein großes Projekt war 1978 die Neugestaltung des Rupertinums als Ausstellungshaus.

Ohne eine übergeordnete Vorstellung sei im Detail nichts auszurichten. So lautet ein Kernsatz von Gerhard Garstenauer, der im Bereich der Theorie des Städtebaus und der Architektur wichtige Arbeit geleistet hat. Von 1983 bis 1985 und von 1997 bis 2000 war er Mitglied des Gestaltungsbeirates der Stadt Salzburg. Die Einrichtung dieses Gremiums geht auf seine Initiative zurück.

Im Salzburger Anton Pustet-Verlag ist im Jahr 2002 ein Bildband mit dem Titel „Gerhard Garstenauer – Interventionen“ erschienen. Darin schreibt der Direktor des Architekturzentrums Wien, Dietmar Steiner: „Sein Werk und seine Beiträge sind ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Werk ist aber auch Bestandteil der Kulturgeschichte im Allgemeinen... Er hat sich eine architektonische und philosophisch-wissenschaftliche Position erarbeitet, die einen generellen Beitrag zur Architekturgeschichte leisten kann, und er hat als Bürger in das öffentliche Leben eingegriffen, mit Vorschlägen, ungefragten Projekten, mit Schriften, Polemiken.“

Wenn es um den öffentlichen Diskurs zu den Themenbereichen Architektur, Stadt- und Verkehrsplanung ging, hielt Gerhard Garstenauer sich nie mit seiner Meinung zurück. 1965 hat er ein Konzept für Parkraum im Stadtzentrum vorgelegt, mit Vorschlägen für Freizeiteinrichtungen, Sportlandschaften und Erholungsräume sowie die Fußgängerzone in der Salzburger Altstadt. Schon 1971 präsentierte er seine Idee eines Kunstzentrums im Mönchsberg. Auch der Vorschlag, das Salzburger Museum Carolino Augusteum – jetzt Salzburg Museum – im Neugebäude der Salzburger Residenz unterzubringen, ging auf eine Idee Garstenauers zurück.

Bild: LMZ / Neumayr / MMV