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Festspiel-Wappler oder: Primi uomi

KOMMENTAR

alt10/12/12 1989 war es. Bei einer CD-Präsentation von EMI wurde Franz Welser-Möst, damals 29 Jahre jung, auch auf seine ersten Dirigate an der Wiener Staatsoper angesprochen. „Man muss sich schon genau anschauen, was man da angeboten bekommt“, sagte er mit leicht pikiertem Unterton. Schon damals war klar: Ein ganz pflegeleichter Dirigent wächst da nicht heran.

Von EMIs Gnaden war Welser-Möst ans Chef-Pult des London Philharmonic Orchestra gehoben worden. Vor bald einem Vierteljahrhundert war ein solcher Katapultstart noch nicht selbstverständlich und wurde in der Musikwelt aufmerksamst registriert. Als es dann dort auf Dauer doch nicht so gut ging, hat ein gewisser Alexander Peireira in Zürich zugeschlagen und den jungen Mann zu sich geholt. Von Von 1995 bis 2002 war Franz Welser-Möst Musikchef an der Zürcher Oper: gute Jahre für das Orchester dort, spannende für die kulturelle Regenbogenpresse, weil sich der selbstbewusste „Macher“ Pereira und der karrierebewusste Welser-Möst ebenso oft in die Haare gerieten, wie sie sich wieder in eine Win-Win-Situation fügten. Auch in den Jahren danach war Welser-Möst regelmäßig bei Pereira in Zürich zu Gast. Der Mozart/Da Ponte-Zyklus von Welser-Möst und Sven-Eric Bechtolf wurde in Zürich 2009 abgeschlossen.

So viel zur Exklusivität der Salzburger Festspiele. Aber der in Salzburg geplanten Zyklus sollte ja keine Neuauflage werden - sondern, wie Intendant Alexander Pereira bei der Programmpräsentation vor einem Monat schwärmte - ein Aufbruch auf neue Mozart-Gipfel. Daraus wird nun nichts. Dass Franz Welser-Möst sich an einem Aufführungstermin von „Cosi fan tutte“ zur Vormittagsstunde stieß (vorgesehene Beginnzeit am 31. August 2013 ist 11 Uhr), war schon einige Tage bekannt. Am Wochenende nun also die Totalabsage des Dirigenten. Nicht nur der „Cosi“ im kommenden Festspielsommer, sondern des gesamten Zyklus mit „Figaro“ und „Don Giovanni“ in den Folgejahren. So jedenfalls der derzeitige Stand der Dinge.

Die Begründung von Franz Welser-Möst: Die knappe Aufeinanderfolge von Aufführungen – fünf Termine zwischen 21. und 31. August 2013 – sei den Sängerinnen und Sängern nicht zumutbar. Da bleiben schon einige Fragen offen: Dass Franz Welser-Möst ein kritischer Geist ist, was Engagements angeht, ist bekannt. Dass er in Salzburg tunlichst „zu seinen Bedingungen“ engagiert werde, hat er vollmundig in einem Zeitungsinterview erklärt. War des Dirigenten Vertrauen zum „Macher“ Pereira, über den ihm beileibe nicht nur Gutes von der Zunge kommt, trotzdem so groß, dass er das „Cosi“-Paket ung’schauter übernommen hat, ohne sich die Termine genauer anzuschauen? Schwer vorstellbar. Bei einer Aufführungsserie von fünf Terminen zwischen 21. und 31. August 2013 hat Welser-Möst wohl mit mindestens drei freien Abenden zwischen jeder Aufführung gerechnet. Aber er ist ja Musiker und nicht Mathematiker, das muss man ihm zugute halten. Vergesslich scheint er auch zu sein, was eigene "Cosi"-Dirigate anlangt, wie Pereira in einem kantigen Konter auflistet. Alexander Pereira seinerseits hat eine Aufführung jedenfalls, wie er selbst einräumt, eigenmächtig verschoben (und diese Verschiebung übrigens schon wieder zurückgenommen). Wappler jedenfalls auf beiden Seiten, oder sagen wir es vornehmer: primi uomini der Festspiel-Sonderklasse.

Was die vermeintliche Sängerbelastung angeht: Vokal-Artisten der heutigen Zeit brauchen enorme Konditionsstärke. Wer innerhalb weniger Tage zwischen New York und Mailand, Paris und Wien pendelt, mutet sich, seinem Körper und seiner Stimme ganz andere Strapazen zu als sie in einer überschaubaren elftägigen „Cosi“-Serie an einem Ort angesagt sind: Je ein Tag Pause zwischen den Terminen eins bis drei, dann jeweils zwei Ruhe-Abende…

Und eine Beginnzeit vormittags um 11 Uhr: Das sollte eine Stimme aus dem künftigen „Salzburger Mozart-Ensemble“, von dem Alexander Pereira träumt, locker wegstecken können. Wenn Welser-Möst sagt, dass Sänger in einem solchen Fall um drei Uhr morgens aufstehen müssten, um bis zu Vorstellungsbeginn stimm-fit zu sein, dann trägt er schon sehr dick auf. Mimosen trägt’s im sängerischen Berufsleben auf Top-Level schon lange nicht mehr.

Nebenbei nur: Was machen eigentlich jene Sängerinnen und Sänger, die sich als Wotan/Wanderer, Brünhilde, Siegfried bei zyklischen Ring-Aufführungen in Bayreuth mit nur einem Ruhetag durch ihre Partien stemmen müssen?

So ein furchtbarer Sänger-Schinder ist Alexander Pereira also dann auch wieder nicht. Bei den Festspiel-„Meistersingern“ im kommenden Sommer liegen zwischen den Aufführungen drei oder mehr Tage, ebenfalls beim „Don Carlo“ und der „Norma“, und auch für die konzertanten Opern gibt es ausreichend Spatium zur Stimm-Erholung. Nur beim „Falstaff“ schoppt es sich ein wenig. Aber für den plane Zubin Mehta (ja, ausgerechnet er!) eine total kammermusikalische, leichtfüßige Umsetzung der Partitur, hat Pereira jüngst versprochen. Da müssen sich die Sänger vielleicht nicht so anstrengen wie in Welser-Mösts „Cosi“.

Die Stellungnahme von Alexander Pereira im Wortlaut {ln:Urlaub, Proben und so weiter}

 

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