„Es wird ein toller Tag. Heute ist Orchester.“

IM WORTLAUT / MOZART-KINDERORCHESTER

03/02/23 Dem Mozart-Kinderorchester der Stiftung Mozarteum stehe „ein leiser Tod“ bevor, argwöhnt Adelajda Merchan-Drazkowska, deren neunjährige Tochter Wanda seit dem Vorjahr in diesem Ensemble Geige spielt. Das Kinderorchester soll Ende April aufgelöst werden, bestätigt Stiftungs-Geschäftsführer Rainer Heneis gegenüber dem DrehPunktKultur. – Was verloren geht? Gedanken einer betroffenen Mutter.

Von Adelajda Merchan-Drazkowska

Soweit ich informiert bin, hat die Stiftung Mozarteum das Kinderorchester zehn Jahre lang eigenständig finanziert und damit freiwillig eine wichtige kulturpolitische Aufgabe übernommen. Mit der geplanten Auflösung des Orchesters wird eine Lücke entstehen, die nicht so leicht zu schließen sein wird. Diese drohende Lücke muss von der Kulturpolitik möglichst bald als solche wahrgenommen werden. Die Zeit drängt.

Für die Kinder bedeutet das MKO-Ende einen Riesenverlust auf vielen Ebenen. Unsere Tochter hat in diesem Orchester eine Gruppe von Gleichaltrigen und Gleichgesinnten gefunden, die sie noch nie zuvor hatte. Die Kinder dort sind auf eine bestimmte Art besonders und stechen deswegen oft in ihrer normalen Umgebung etwas ab. Die Proben sind für uns Eltern, besonders für diejenigen, die nicht in Salzburg wohnen, einerseits eine logistische Herausforderung und ein Kraftakt, andererseits aber eine unglaubliche Bereicherung.

Mein Mann und ich beobachten unsere sonst in sich gekehrte Tochter, die normalerweise aus ihrer Bücher- und Traumwelt schwer herauszulocken ist, hören ihren enthusiastischen Berichten von den Proben zu und stellen gerührt fest, dass wir ihr mit dieser wöchentlichen Fahrerei zu den MKO-Proben genau das ermöglichen, was ihr bisher gefehlt hat. Sie freut sich auf jedes Probenwochenende und erzählt mehr denn je und über ihren Tag. Nach mehreren Stunden voller Stimmgruppenproben, rhythmischen Übungen, Gesangsübungen und Tuttiproben kommt sie aus dem Großen Saal oder dem Wiener Saal und singt zum Spaß ihren Geigenpart, zweistimmig mit einer Freundin aus der anderen Violingruppe, die zusammen mit uns mit der Lokalbahn nach Hause fährt. Die beiden tauschen die Stimmen und singen weiter, andere Parts, Kanons, alles was sie an dem Tag gelernt haben.

Ein anderer kleiner Geiger, der laut Mutter sonst nie vor anderen singt, schließt sich ihnen an und wir laufen singend zum Bahnhof. Die Probe geht einfach weiter. Zu Hause greift Wanda noch schnell zur Geige, um uns etwas vorzuspielen, obwohl sie eigentlich schnell ins Bett sollte. Am nächsten Tag geht es um 8 Uhr wieder zur Lokalbahn nach Salzburg. Wanda wacht auf und sagt als Erstes, noch ganz verschlafen und mit geschlossenen Augen: „Es wird ein toller Tag. Heute ist wieder Orchester.“

Das Niveau der Orchesterarbeit ist dank dem jahrelang erprobten Konzept und dem hochqualifizierten und erfahrenen Team der Musikpädagogen einmalig. Das Orchester hat schon viele hochkarätige Musiker hervorgebracht, die Liste der Namen und Auszeichnungen ist lang. Sowohl die jungen Musiker, als auch das ganze MKO-Team zeigen ein Engagement, das man selten woanders findet – und es ist leicht zu erklären: Es steckt viel Leidenschaft und Freude seitens aller Beteiligter darin.

Das Mozart Kinderorchester spielt am Sonntag (5.2.) um 15 Uhr im Großen Saal des Mozarteums. Da spielen auch Jugendliche, die früher dem Kinderorchester angehörten. Es dirigieren Sanja Brankovic, Christoph Koncz und Peter Manning – mozarteum.at/mozartwoche
Bilder: privat
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