14/10/22 Das Wort Stammtisch hat ja nicht unbedingt den besten Ruf, nur Biertisch ist noch schlechter beleumundet. Aber in einer Zeit, da ultrakurze Twitter-Botschaften nicht selten für nicht minder kurze Gedanken stehen und oft überproportionale Kurzschluss-Erregungen nach sich ziehen, könnte man der alten Kulturtechnik des Miteinander-Redens schon etwas abgewinnen.
Neuerdings gibt es in Cafés, Bars oder Bistros der Stadt Salzburg zu bestimmten Zeiten sogenannte Begegnungstische. Die eigentliche Idee ist es freilich nicht, der Kurz-Tippslerei in den sozialen Medien etwas entgegenzusetzen, aber die Option dazu besteht jedenfalls. Orte, an denen man einander gegenübersitzt und dieses gegenüber womöglich sogar aussprechen lässt, sind nicht die schlechtesten...
Der Ansatz von Sozial-Stadträtin Anja Hagenauer: „Wir wissen, dass die zunehmende Vereinsamung heute ein großes gesellschaftliches Problem ist. Mehr als 1,5 Millionen Menschen lebten 2021 in Österreich in Single-Haushalten. Vor allem ältere Menschen tun das besonders oft. Da wollen wir als Stadt mit unserer neuen Aktion dagegenhalten.“ An den Begegnungstischen sei „Platz für Jung und Alt, für Menschen jeden Geschlechts und aus aller Welt.“
An bestimmten Wochentagen und Uhrzeiten können sich Interessierte fürderhin in ausgewählten Lokalen an einen dafür reservierten Tisch setzen und mit anderen ins Gespräch kommen, plaudern, Informationen austauschen oder ihnen einfach nur zuzuhören. Teilnehmende Gastronomiebetriebe sind durch einen entsprechenden Aushang gekennzeichnet.
Vielleicht auch nicht unwichtig, wenn wohl nicht ganz im Sinne der beteiligten Gastronomen: Während der Unterhaltung müssen keine Getränke oder Speisen konsumiert werden – der Begegnungstisch ist ein konsumfreier Ort. „Wichtig ist, die Unterhaltung höflich und wertschätzend zu führen“, heißt es in einer Presseaussendung der Stadt. - Also wie uns bei dieser Meldung sofort durch den Kopf gegangen ist: Ausreden lassen und vor allem zuhören! Der liebe Gott hat's ja eh so gut eingerichtet, indem er uns zwei Ohren und nur einen Mund verpasst hat. Das mit dem zehn Fingern und bloß einen Gehirn muss man ihm im Twitter-Zeitalter freilich als komplett falsche Entscheidung ankreiden.