Red- und Blackfacing

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

23/08/22 Uff, da sind wir ja noch mal davon gekommen in Salzburg. Monostatos und seine Kumpanen sind in der aktuellen Festspiel-Zauberflöte keine Mohren. Sie sind nur ein ganz klein wenig rußig in den Gesichtern. Aber das rührt von ihrer Arbeitsstätte in der Heizzentrale des Guckkasten-Puppenhauses her.

Es droht also unmittelbar kein Shitstorm, wie ihn der Ravensburger Verlag jüngst erlebt hat. Es ist nämlich heuer Anfang August ein Film in die Kinos gekommen, der die Gesichter der politisch Überkorrekten augenblicklich indianerrot hat anlaufen lassen. Der junge Häuptling Winnetou paraphrasiert Karl May. Geht höchstens, wenn Bully Herbig im Schuh des Manitu einen schwulen Bruder des Häuptlings einführt und das Redfacing mit einem LBTIQ-Touch konterkariert. Und dass eine deutsche Filmcrew sich über Rothäute hermacht, das geht schon gar nicht. Die Native American Association of Germany meldete sich prompt zu Wort: Nicht-Indigene müssten endlich damit aufhören, die Geschichte der indigenen Völker schreiben zu wollen. Das deutsche Feuilleton stimmte halbherzig pflichtbewusst zu.

Frontal getroffen hat's jetzt den Ravensburger Verlag, der ein Kinderbuch zum Film druckfrisch im Lager liegen hat. Dort bleibt das Buch auch, nachdem es gar zu viel Kritik am Redfacing gegeben hat. Wo kommen wir hin, wenn wir in Zeiten der Cancel Culture unseren Kindern ein Indianer-Abenteuer zumuten? Die seelischen Verwerfungen mag man sich gar nicht ausmalen. Womöglich marschiert eines der älteren Geschwister gar schnurstracks auf den Dachboden und wühlt aus einer Kiste die drei Winnetou-Bände hervor. Da liegt vielleicht sogar noch ein Exemplar vom Schatz im Silbersee drin! Dort gibt’s einen gar bösen Indianerhäuptling, und der heißt Großer Wolf. Was für eine Konnotation zu einem derzeit als gar schrecklich eingestuftem Raubtier!

Der Film nötige Erwachsene dazu, ihren Kindern das Phänomen Karl May zu erklären und sie davon abzuhalten, die Bücher zu lesen, „weil sie halt nicht sehr gut geschrieben sind und Karl May ein ziemlich übler Fantast war.“ So der Film-Rezensent in der Zeit. Man muss das zwei Mal lesen, um's zu glauben.

Aber lassen wir das. Freuen wir uns, dass Aida, eine versklavte Dunkelhäutige aus Äthiopien, in Salzburg total weißgesichtig ist und in einem ganz neutralen schwarzen Kleid steckt. Das Kostüm-Disneyland drumherum lieferte wahrscheinlich einige Gründe, politisch korrekt einzuschreiten. Aber koptische Priester, die hergerichtet sind wie russische Rasputins, stehen bislang nicht auf der Liste um jeden Kultur-Preis schützenswerter Indigener.

Doch sicher ist sicher: Es möge jeder Mozart-Freund seine Squaw bei der Hand nehmen, eilends sein Wigwam verlassen und sich schleunigst um Karten für die letzten beiden Vorstellungen der Zauberflöte in diesem Salzburger Festspielsommer bemühen. Schließlich singt Monostatos in den meisten Aufführungen dieser Oper ...weil ein Schwarzer hässlich ist... Wenn das die Shitstormer spitz kriegen, wird auch hierzulande das Kriegsbeil ausgegraben!

PS: In Salzburg hat man Unheil abzuwenden versucht. Da singt Monostatos ...weil ein Diener hässlich ist... Die Subalternen darf man offenbar diskriminieren, argwöhnte unser Rezensent nach der Premiere.