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Scheinwerfer auf eine bessere Schule für alle

GASTKOMMENTAR

Von Andrea Holz-Dahrenstaedt

21/09/21 Viele Schüler*innen sind frustriert, demotiviert, resigniert oder verzweifelt. Es erreichen uns Berichte von Kindern, die Angst haben, wenn sie mit ihren besten Freunden zusammenstehen; denen von Lehrkräften gedroht wird, dass sie eine schlechtere Note bekommen, wenn sie sich nicht impfen ließen; die gefroren haben, weil die Fenster wegen fehlender Lüftungsanlagen immer geöffnet waren; die vom Maskentragen unter Atemnot leiden oder – und es werden immer mehr – unter unerträglichem Leistungsdruck leiden.

Keine Frage, es gibt sie, die Kinder und Jugendlichen, die gerne in die Schule gehen. Einen großen Dank all den unzähligen hochengagierten Pädagog*innen, die trotz herrschender und sich ständig ändernder Rahmenbedingungen Schule zu einem beziehungsvollen Ort zu machen, in dem auch Lernen mit Freude gelingt.

Dass aber für viel Schüler*innen die Situation belastend ist, zeigen nicht nur die vielen Schulabmeldungen besorgter Eltern. Auch Schülervertreter*innen haben in einem offenen Brief von „prekärer Lage der Jugend“ geschrieben und gefordert, die Bedürfnisse junger Menschen endlich in den Mittelpunkt zu stellen. Dem schließen wir uns vollinhaltlich an! Kinder und Jugendlichen haben in hohem Ausmaß ihren Beitrag zur Pandemiebekämpfung geleistet um Erwachsene zu schützen. Jetzt muss es umgekehrt sein! Wir müssen nun endlich die jungen Menschen schützen und ihnen dadurch eine „maßnahmenfreie bzw. -arme“ Kindheit, Unbeschwertheit und Leichtigkeit zu ermöglichen – nicht nur, aber vor allem auch im Kindergarten- und Schulalltag. Die Impfung der Erwachsenen wäre ein wesentlicher Beitrag dazu.

Darüber hinaus muss der Scheinwerfer darauf gerichtet sein, was Corona mit aller Deutlichkeit offenlegte: Das Bildungssystem gehört grundlegend verändert. Es entspricht nicht mehr den Bedürfnissen junger Menschen bzw. den physiologischen und neurobiologischen Erkenntnissen.

Sozial ungerecht ist es noch dazu! Wie kann und muss Schule im 21. Jahrhundert ausgestattet sein als ein Ort, an dem sich alle Kinder wohlfühlen und an dem sie lernen können, was sie für ihr Leben brauchen - ohne (Zukunfts-)Angst, ohne ausufernde Nachhilfe, ohne Mobbing, mit Freude am Lernen? Wahrscheinlich auch aus Sorge und Frustration, dass sich unser aktuelles Schulsystem genau dieser Themen nicht bzw. nicht ausreichend annimmt, haben viele Eltern ihre Kinder in den letzten Wochen von der Schule abgemeldet. Zwar ist dadurch eine notwendige Debatte über qualitätsvolle Verbesserungen im Bereich des häuslichen Unterrichts in Gang gekommen, noch viel dringender wäre allerdings eine umfassende Schulreform, die auch bei den Lehrkräften und Schüler*innen ankommt!

Es braucht kleinere Klassen, mehr Zeit für kreative Fächer, ein umfassendes Mobbing-Präventionspaket, psychosoziales Fachkräfte an allen Schulen, echte Mitsprache für Schüler*innen und gelebte Demokratie, lerngerechte, nicht „kasernengerechte“ Räumlichkeiten sowohl für die Pädagog*innen als auch für die Schüler*innen mit entsprechender Ausstattung, und vor allem eine „Schule ohne Nachhilfe“, in der Schüler*innen alles an Ideellem mitnehmen können, was sie für ihr Leben brauchen. Denn kein Kind darf benachteiligt werden bzw. soll allen Kindern – ohne Unterschied der sozialen Lage – eine optimale Bildungsentfaltung gesichert werden. Auch das war bereits das Ziel der Schulreform 1918 und ist Bestandteil der UN-Kinderrechtskonvention von 1989. Doch gerade hier zeigt das österreichische Schulsystem große Schwachstellen auf: Bildungsnachteile werden im internationalen Vergleich überproportional häufig „vererbt“.

Schule ist mehr als ein Ort der Wissensvermittlung – Schule ist Leben, Schule ist Zukunft! Arbeiten wir daran: jetzt.

Andrea Holz-Dahrenstaedt ist Salzburger Kinder- und Jugendanwältin – www.kija-sbg.at
Bild: kija Salzburg

 

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