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Geiz ist geil

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

21/01/21 Was müssen wir da hören! Einzelne Menschen haben in Altersheimen unverschämter Weise ein paar Milliliter Corona-Impfstoff verabreicht bekommen, obwohl sie altersmäßig noch gar nicht dran wären.

Das ist natürlich in hohem Maße verwerflich, denn es widerspricht krass der Neid-Kultur unserer Tage, die nicht Halt macht vor ein paar Tröpfchen von jenem Impfstoff, von dem weite Teile der Bevölkerung ohnedies nichts wissen wollen. Geiz ist geil! Das haben wir verinnerlicht. Und darum wäre es wohl besser, die sechste Impfstoff-Dosis, die sich aus einer Ampulle ziehen lässt, in den Ausguss zu schütten, als sie einem unserer Mitmenschen zu gönnen. Wie geil der Geiz ist, hat uns seinerzeit ein Elektronikhändler eingeimpft. Den Hausverstand, leider weniger flächendeckend, hat eine eine Supermarkt-Kette ins Rennen geschickt. Dieser Hausverstand (ein leider eher wortkarger Typ) sollte uns eigentlich sagen: Gut, wenn ein Geimpfter mehr frei herumläuft, und sei er auch unter achtzig.

Aber vielleicht sind wir ja gerade die Opfer eines grandiosen Manipulations-Spektakels: Wie schürt man Nachfrage? Indem man die Ware knapp hält. Gewiss hat unsere geschätzte Regierung auch ganz tolle Psychologen im Beraterteam. Und die wissen: Unerfüllte Gier weckt Neid, und der ist allemal stärker als jeder Vorbehalt gegen eine Impfung. Was dem Nachbarn recht ist, sei uns nur billig. Das Impf-Prozedere in die Bundesländer auszulagern, war schon mal ein genialer Schachzug: So schielen wir aus Salzburg eifersüchtelnd sogar ins Burgenland. Nach Wien sowieso.

Da klopft übrigens gerade wieder der Hausverstand an: Gelingt es Vater Staat nicht jederzeit, uns mit einem einfachen Verständigungs-Kärtchen pünktlichst an die Wahlurnen zu rufen? Wird uns nicht jedes Strafmandat punktgenau zugestellt? Derselbe Staat ist im Computerzeitalter nicht imstande, 8,9 Millionen Menschen nach Lebensalter geordnet aufzulisten und, wenn's denn schon so pingelig gerecht hergehen muss, in absteigender Folge zur Impfung zu bestellen. Nein, wir müssen uns uns selbst eintragen. In Salzburg dürfen sich die Untertanen schon Anfang Februar anmelden. Sofern sie über achtzig sind.

Wir köcheln gerade in einem Fegefeuer, das von Egoismus, Ignoranz, Hirnlosigkeit und Bürgerverachtung angeheizt wird. Und am Eingang in die Hölle lauert als Oberteufel die böse Fratze des Föderalismus.

 

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