Die bösen Lieder der Germania

DOKUMENTATION / GEGEN NAZIPROPAGANDA

31/01/18 „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.“ Hier irrte der Dichter Johann Gottfried Seume (1763-1810) gewaltig, wie das Liederbuch der Burschenschaft Germania zeigt. Gerhard Ruiss, Elfriede Jelinek und Peter Rosei nennen das, was dort steht, geradeheraus Verhetzung. Sie haben dieser Tage eine Erklärung verfasst, die bereits über 170 Künstler-Kolleginnen und -Kollegen unterschrieben haben. Hier die Erklärung im Wortlaut.

Aufruf von Gerhard Ruiss, Elfriede Jelinek und Peter Rosei

Die im Liederbuch der Germania enthaltenen Barbareien sind durch nichts zu relativieren. Angeblich soll – wie vom Verfasser der Abhandlung „Das Waffenstudententum in Vergangenheit und Gegenwart“, Andreas Mölzer, im Radio zu hören war – es sich bei solchen Versen bzw. Liedern schlagender Verbindungen um „Jux“ oder „Spott“ handeln.

Nichts an diesen bekannt gewordenen Versen der Germania ist „Jux“ oder „Spott“. Sie verherrlichen den Massenmord und rufen zum Massenmord auf. Das sind nicht die Gesänge alter Nazis, es sind die Lieder neuer Nazi-Generationen.

Es gibt keine harmlose Begründung, die die Existenz dieser Lieder in einem Studentenliederbuch erklären könnte. Literarisch-musikalische Werke wie die der Germania verstoßen nicht nur gegen das Wiederbetätigungsverbot, sie sind Verhetzung.

Es gibt keinen Allein-Verantwortlichen für sie, wie er angeblich gefunden wurde und sich den Behörden stellt. Das sind die Lieder einer schlagenden Verbindung und ihrer Vertreter. Diese sind die dafür rechtlich Verantwortlichen zu ungeteilter Hand und haben als solche die Konsequenzen zu tragen.

Ihr Zweck ist, rechtsextremes Gedankengut an nächste Generationen weiterzugeben, ihre Funktion ist, das Denken in den Verbindungen in dieser Hinsicht zu „schulen“, sie sollen, wann und wo immer das möglich ist, gesungen werden. Wir fürchten, unter dem Deckmantel der Freiheit der Kunst, ein Einschleichen dieses Liedergutes und jener Gedanken, unter deren Herrschaft so viele unserer Vorgänger einen hohen Preis bezahlt haben.

Wir sehen es nicht nur als eine zentrale gesellschaftspolitische, sondern auch als eine zentrale kulturpolitische Aufgabe an, dieser Unterwanderung der Gesellschaft im Mantel literarisch-musikalischer Werke mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten und deren Absichten offenzulegen.

Solche Lieder und Verse wie die der Germania verfolgen keinerlei künstlerische Absicht, sie dienen allein dem ideologischen Zweck der Wiederbelebung und Durchsetzung nationalsozialistischen Gedankenguts, kurzum sie sind neo-nationalsozialistische Propaganda.

„Ziel der Initiative ist, eine breite Öffentlichkeit jenseits von Demonstrationen und Wahlen für den Fortgang der Aufklärung zu interessieren und zur Bildung einer wachsamen Öffentlichkeit gegen jedes Aussitzen und Vertuschen dieser Angelegenheit beizutragen“, schreibt dazu der Koordinator der Aktion, Gerhard Ruiss. Er ist auch Adressat für Unterstützungs-Mails (Vorname, Familienname Beruf/Funktion Absenderort): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!