Samt, Thonet und ein Arme-Sünder-Bankerl

STICH-WORT

15/04/21 Wir haben es erst unlängst gemeldet: Bis zum 10. Mai kann man sich für die Mitarbeit im Landes-Kulturbeirat bewerben, der im Herbst dieses Jahres in neuer Besetzung seine Arbeit aufnehmen soll. Das G'riss um die freien Stühle in dem Gremium scheint sich in Grenzen zu halten.

Von Reinhard Kriechbaum

Aufmerksam geworden sind wir, weil die Landeskorrespondenz heute Donnerstag (15.4.) abermals an die Bewerbungsmöglichkeit erinnert und dazu ein nettes Foto ausgeschickt hat. Es werden ja mehr als zwei Sitze dort vergeben, nämlich dreizehn (weitere sieben Mitglieder entsendet die Landesregierung). Aber die beiden leeren Stühle, auf die Kulturreferent LHStv. Heinrich Schellhorn auf dem Foto eigens verweist, regt unsere Fantasie nicht wenig an. Wer mag für das samtbezogene Sitzmöbel die richtige Frau, der richtige Mann sein? Und wer für den Thonet-Stuhl daneben, auf dem man zwar mit möbelhistorischem Bewusstsein, aber deutlich härter Platz nehmen kann? Wir haben Ideen, für beide Nieder-Lassungen. Aber es ist vielleicht besser, wenn wir sie für uns behalten.

Beim Erst-Aufruf für die neue Landeskulturbeirats-Periode hat man übrigens ein weiteres Sitzmöbel vorgezeigt. Ein viel originelleres, weil es den Gedanken an Gruppendynamik nahe legt. Der kreative Dreisitzer mit sieben Beinen hat uns darüber nachsinnen lassen, ob es in dem Gremium wohl manchmal recht kuschelig zugeht, gerade auf diesem Arme-Sünder-Bankerl. Aber vielleicht lässt man ja gerade dieses Modell künftig weg, da ein gewisser Mindestabstand zwischen Menschen angeraten ist. Schon gar zwischen solchen, die reden.

Ums Reden geht es ja im Landeskulturbeirat. Ums Miteinander-Reden und (theoretisch) ums Beraten der Entscheidungsträger. Ganz verfehlt wäre es, angesichts des Sessel-Sammelsuriums an ein Bühnenbild von Anna Viebrok zu denken. Sie hat Dutzende Produktionen des Regisseurs Christoph Marthaler ausgestattet, denen immer ein gewisses Maß an Verschrobenheit, jedenfalls an Verhaltensauffälligkeit eignete.

Der Landeskulturbeirat hat seit je her seriöse, ja hehre Absichten. Die kommen allerdings – wir beobachten das Gremium seit Jahrzehnten – nicht immer gleich gut raus. Nach einem Abdriften in die völlige Bedeutungslosigkeit haben Stellungnahmen des LKB, als der wortgewaltige Musikwissenschafter Jürg Stenzl dort das Kommando übernahm, deutlich an Eloquenz gewonnen. Danach kam eine Phase unter dem Vorsitz der Politologin Barbara Wicha, da hatten die LKB-Statements tatsächlich gesellschaftspolitische Relevanz.

In den letzten Jahren und ausgerechnet seit Ausbruch der Corona-Pandemie wirkt der Landeskulturbeirat schmähstad. Wäre nicht gerade jetzt eifrigster Lobbyismus für die Kultur angesagt, ein heftiges Rühren der PR-Trommel in Sachen Kultur-Relevanz? Wir blättern im letzten Kulturbericht des Landes. Da hat sich das Gremium für die Rückschau auf 2020 ein paar Sätze zur Aktivität abgerungen. Man verweist auf das Zwischenräume-Festival vorigen Juli – aber das wäre heimischen Künstlerinnen und Künstlern wohl auch eingefallen. Im ersten Pandemie-Jahr hat sich der Landeskulturbeirat, so lesen wir, als Jahresthema Kultur.Klima.Schutz vorgenommen, „um ganz bewusst auf das kulturelle Klima in Salzburg zu achten, Kulturarbeit weiterhin zu ermöglichen beziehungsweise abzusichern und trotz globaler Corona-Krise die Bedrohung des Weltklimas nicht zu vergessen“. Vielleicht doch eine Undercover-Inszenierung von Marthaler?

Die Bewerbungs-Modalitäten für den Landeskulturbeirat
Bild: LMZ/Neumayr (1); Friedrich Rücker (1)
Zur Hintergrund-Geschichte Auf in die nächsten fünf Jahre
Zum Wortlaut Welt- und Salzburger Kultur-Klimaschutz