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Grabowski

STICH-WORT

25/02/20 Wenn ihm wer auf den Kopf gemacht hat, ist er erzürnt, will wissen er das war und sich bitter rächen. Sonst ist er friedlich, 15 Zentimeter groß und hundert Gramm schwer, kann aber Erdmassen bis zum Zwanzigfachen seines Körpergewichts bewegen. Damit treibt er Gartenbesitzer zur Weißglut.

Von Heidemarie Klabacher

Trotzdem wurde der Maulwurf vom Österreichischen Naturschutzbund zum Säugetier des Jahres 2020 gewählt. Sein Nutzen für die Unterwelt ist viel größer als der Schaden, den er als ungebetener Landschaftfsarchitekt anrichtet.

Talpa europaea, so die wissenschaftliche Bezeichnung, ist als Insektenfresser ein Nützling, der ungeliebte Schädlinge beseitigt, den Boden auflockert und für gute Durchlüftung und Wasserhaltekapazität sorgt. „Im Gegensatz zu den pflanzenfressenden Wühlmäusen mit deutlich kleineren Hügeln schädigt der kleine Unterweltler keine Pflanzen“, meldet die Landeskorrespondenz. Der Maulwurf zählt zu den immer seltener werdenden Nützlingen. Er vertreibt Schnecken und Wühlmäuse aus dem Garten. Die weitverzweigten Röhren seines Tunnelsystems wirken bei Starkregen wie Drainagerohre und schützen so vor Staunässe.

Gut auf den Lebensraum unter der Erde angepasst, haben die Tiere einen ausgezeichneten Geruchs- und Gehörsinn, sie sehen jedoch nicht besonders gut. Ihre Gänge können ein bis zu sechstausend Quadratmeter großes Labyrinth bilden und werden täglich nach Käfern, Regenwürmern, Asseln und anderem Kleingetier abgesucht, um den großen Nahrungsbedarf zu decken. Der Insektenfresser hat ständig Hunger: Der kleine Kerl frisst am Tag etwa so viel, wie er schwer ist, vertilgt jährlich also rund dreißig Kilo Getier. Ein Maulwurf hat eine Lebenserwartung von gut drei Jahren – in denen er also bis zu hundert Kilogramm Schädlinge beseitigt.

Man soll jedenfalls tunlichst froh sein, wenn der Maulwurf so fröhlich Maul wirft (© Loriot) wie auf dem Bild links - es ist der legendäre Grabowski, den Luis Murschetz gezeichnet und unsterbklich gemacht hat. Die Grabowskis im Bundesland Salzburg seien bis in über 2000 Meter Seehöhe vertreten, wissen Naturkundler. Der Maulwurf "erfüllt für unser Ökosystem eine wichtige Rolle: Nicht nur, dass er unliebsame Schädlinge im Zaum hält und den Boden lockert und drainagiert, er selber ist eine wichtige Nahrungsquelle für Füchse, Bussarde und andere Greifvögel.“, so die Landeskorrespondenz. Aufgrund seiner ökologischen Funktion, seiner besonderen Eigenschaften und seiner perfekten Anpassung an einen sehr speziellen Lebensraum verdiene der Nützling die Auszeichnung des Naturschutzbundes Österreich als Säugetier des Jahres 2020.

Gartenbesitzer mit Maulwurfshügeln sollten sich also nicht ärgern über Grabowskis Artgenossen und nicht zum Kampf blasen, sondern stolz darauf sein, wenn sich die Tunnelbauer bei ihnen sichtlich wohl fühlen: „Das ist ein Hinweis auf ein gutes, gesundes und artenreiches Bodenleben und damit eine Bestätigung für nachhaltige Gartenbewirtschaftung“, so die für den Naturschutz zuständige Landesrätin Maria Hutter.

Jedenfalls soll es – nicht nur im Bundesland Salzburg – keinem Maulwurf so gehen, wie wir es in Wales gesehen haben (im Bild rechts): Dort setzen die Bauern seit je her eine Art „Kopfprämie“ auf die ungebetenen Wühler unter ihren Schafwiesen aus. Maulwurffänger ist dort ein eigener Beruf. Wer sich drauf versteht und die Tiere zur Strecke bringt, hängt sie nebeneinander an den Zaun – je mehr Maulwürfe am Weidezaun des Bauern, desto besser das Honorar...

Bilder: Land Salzburg / Werner Gamerith (1); dpk-krie (1)
„Der Maulwurf Grabowski“ von Luis Murschetz ist bei Diogenes erschienen. Ein weiterer Klassiker: „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ von Werner Holzwarth (Idee, Text) und Wolf Erlbruch (Illustrationen), erstmals erschienen 1989 im Verlag Hammer, Wuppertal.

 

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