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Bloomsday

STICH-WORT

15/06/18 Den Meister, Schirm in der Hand, lässig auf der Café-Terrasse: Den hat das schöne Pula dem schönen Salzburg natürlich voraus, obwohl er sich auf der Tomaselli-Veranda auch gut machen würde. Aber in Pula, am Südzipfel Istriens, hat James Joyce tatsächlich vier Monate lang gelebt, während er in Salzburg nur fünf Wochen urlaubte. „Bloomsday“ wird da und dort – und auch sonst auf der ganzen Welt gefeiert – am 16. Juni.

Von Heidemarie Klabacher

Jedenfalls war James Joyce im Herbst 1904 zusammen mit seiner künftigen Ehefrau Nora Barnacle, vier Monate lang in Pula und unterrichtete an der dortigen Berlitz-Sprachschule „Englisch für österreichisch-ungarische Offiziere“. In Salzburg war der polyglott siebzehnsprachige und hochmusikalische Dichter aber auch: fünf Wochen im Sommer 1928 gemeinsam mit der Nochimmer-Lebensgefährtin Nora Barnacle. Joyce soll hier den Schriftsteller-Kollegen Stefan Zweig und Festspielkünstler getroffen haben. In diesem Sommer waren hier die Dirigenten Bruno Walter und Franz Schalk, der Regisseur Lothar Wallerstein, die legendären Sänger Richard Mayr und Lotte Lehmann, der Pianist Rudolf Serkin, die Schauspieler Alexander Moissi, Helene Thimig und natürlich Max Reinhardt persönlich um die Wege. Es fehlte gewiss nicht an Gesprächspartnern auf Augenhöhe.

Und ein Promo war Joyce zu dieser Zeit schon längst: Im Jahr zuvor, 1927, war der „Ulysses“ auf Deutsch erschienen und sprach sich herum. Aber das Erscheinen der vollständigen englischen Erstausgabe 1922 hatte schon längst alles infrage gestellt – und stellt bis heute alles infrage – was wir zum Thema „Roman“ zu wissen glauben. Sein Schöpfer jedenfalls war auf dem Weg zum Weltstar.

„Ulysses“ spielt in Dublin und zwar an einem einzigen Tag, dem 16. Juni 1904. Das ist übrigens der Tag, an dem er und Nora Barnacle einander kennengelernt haben. Vom Ulysses-Schock, von 1922 oder für die Deutsch sprechende Welt von 1927, galt es sich zu erholen. Doch schon seit den 1950er Jahren feiern Leserinnen, Leser und sonstige Freaks in aller Welt den 16. Juni als „Bloomsday“. In Dublin hat der Bloomsday - so genannt nach der Hauptfigur Leopold Bloom - quasi den Status eines kirchlichen Feiertags.

Die Belesenen im Rest der Welt (wer auch immer von diesen den Roman bis zur letzten Seite geschafft hat hebe die rechte Hand) wandeln auf den Spuren von Leopold Bloom; Schauspieler lesen ungehörige oder auch jugendfreie Passagen, Experten erklären Autor und Buch, Fans tragen Kostüme, trinken, singen und musizieren...

In Pula gibt es als zentralen Ort immerhin das winzige Kaffeehaus mit der noch winzigeren Terrasse und der netten Bronze-Statue. (Statuen in Szombathely oder Dublin schauen recht ähnlich aus, aber da steht der Meister jeweils.) In Salzburg kann man bestenfalls auf imaginären Urlaubs-Spuren wandeln. Aber auch hier sorgt, seit nun doch schon einigen Jahren, das Literaturhaus für ein offizielles Bloomsday-Programm.

Heuer steht der musikalische James Joyce ins Zentrum. Dieser spielte Gitarre und Klavier, sang und komponierte.

Ein eigenes Kapitel, Joyce und die Musik: 1904 errang James Joyce neben einer Verlobten auch die Bronzemedaille im „Wettbewerb der Tenöre“ bei einem Musik-Festival. Sein erstes, 1907 veröffentlichtes, Buch ist der Lyrikband „Chamber Music“, dessen Gedichte „vertont und aufgenommen wurden“, erinnert das Literaturhaus. Im elften Kapitel des „Ulysses“, einem der lesbareren, geht es vor allem um Musik, von irischen Volksliedern bis zu Mozarts „Don Giovanni“. Neben unzähligen Autoren beeinflusst(e) James Joyce auch Musiker und Komponisten, wie Pierre Boulez, John Cage, Joan Baez, Kate Bush, Lou Reed oder Jefferson Airplane.

Für den Bloomsday 2018 hat Literaturhaus-Leiter Tomas Friedmann erstmals fünf österreichische Autoren eingeladen, einen poetischen Text mit Bezug zu Joyce‘ „Ulysses“ zu verfassen: Christine Haidegger, Bodo Hell, Margret Kreidl, Ludwig Laher und Elke Laznia. Komponistinnen und Komponisten haben diese Texte als Basis für neue Kompositionen genommen: „Wolfgang Nießner, Agustín Castilla-Ávila, Klaus Ager, Stefan David Hummel und Jean-Luc Darbellay haben sich darauf eingelassen“, freut sich Tomas Friedmann. In einer Kooperation von Salzburger Gesellschaft für Musik, Institut für Neue Musik des Mozarteums und Literaturhaus steigt am Samstag (16.6.) um 18.30 Uhr im Kleinen Studio der Universität Mozarteum dieser Abend mit neuer Musik zu James Joyce.

Bloomsday-Konzert-Lesung am Samstag (16.6.) - www.literaturhaus-salzburg.at
Bilder: dpk-klaba

 

 

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