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Ewiges (Kerzen)Licht

FESTSPIELE / LUX AETERNA

22/07/21 Zu beneiden war am Mittwoch (21.7.) in der Kollegienkirche der Fotograf der Salzburger Festspiele. Von unterschiedlichen Balkonen aus konnte er die gut eindreiviertelstündige Kerzen-Prozession der musicAeterna-Ensembles noch besser beobachten als die Besucher: Lux aeterna, sehr sinnfällig.

Von Reinhard Kriechbaum

Solche Umzüge in der mystisch-dunklen Kirche verfehlen natürlich ihre Wirkung nicht, und die schwarzen Umhänge der Sängerinnen und Sänger taten ein übriges. Aber es passte natürlich perfekt auf die Dramaturgie der Musik, die für ein Gutteil der Zuhörerinnen und Zuhörer vermutlich Hör-Neuland bedeutete. Griechenland-Urlaubern können, so sie sich mit ein wenig Glück gerade zu einer Gottesdienstzeit in eine Kirche verirren, griechisch-orthodoxe Kantoren unterkommen. In diese Richtung ging die musikalische Reise.

Teodor Currentzis und sein dirigierender Mitstreiter Antonios Koutrouois, ein ausgewiesener Fachmann für ostkirchliche Musik, haben für diesen nächtlichen spirituellen Event aber einen sehr gediegenen multikulturellen Bogen gespannt. Lux Aeterna, Titel des bekannten sechzehnstimmigen Chorstücks von György Ligeti, gab das Motto vor. Auch der eröffnende Gesang der Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert stand fürs Katholische und auch die achtstimmige Motette Crucifixus etiam pro nobis des Antonio Lotti (1666-1740) – ein kontrapunktisch besonders gefinkeltes, wirkkräftiges Stück. Der Rest kam aus der byzantinischen Liturgie, Hymnen, Psalmen und dergleichen. Ganz Altes stand neben zeitgenössischen Vertonungen, dazwischen eingestreut Stücke aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.

Ein Teil des Chores heißt musicAeterna bycantina, das ist also die auf diesen Stilbereich eingeschworene Truppe. Es ist grundsätzlich einstimmige Musik, in die – nahöstlicher Einfluss ist nahe liegend in diesem Kulturraum – manch feinstufige Melodik abseits unserer Ganz- und Halbtonschritte eingeflossen ist. Die Männergruppe liefert dazu Bordun-Bässe in verschiedenen Varianten. Das lässt sich nicht nur g'schmackig, sondern aus innerer Logik heraus mit Zeitgenössischem kombinieren.

Das Misterioso der verklingenden, verhauchenden engen Intervalle im Ligeti-Klassiker aus den 1960er Jahren ist natürlich eine Art spiritueller Selbstläufer. Erst 2017 hat man Lux aeterna bei der Ouverture spirituelle hören dürfen. Es kann nicht oft genug sein.

Ähnlich feine Klang-Gespinste, aber abschnittsweise mit archaischen Rückgriffen, wählte der 1986 geborene Ukrainer Alexey Retinsky für sein Salve Regina. Ganz sanft mischt das Schlagwerk den Chorsatz auf.

All das hat zu Ruhe und Kontemplation geführt – trotz sehr später Stunde nicht einschläfernd, eher die Konzentration steigernd. 00.21 Uhr war's, als die Ensembles auszogen aus der Kirche und draußen am Universitätsplatz die letzten Töne verhauchten.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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