Wildgewordener Denkmalpfleger

DOMMUSEUM / GEORG PETZOLT

19/05/11 Die Fürstenzimmer auf der Festung! Traumhaft schön! Und dazu die Aussicht. Authentischer geht’s nimmer… Oder doch? Sind die goldbunten Prunkräume der Hohensalzburg einfach der Phantasie von Georg Pezolt entsprungen? Das Dommuseum widmet dieser vielschichtigen und schillernden Persönlichkeit der Salzburger Kunstgeschichte die Sonderausstellung „Ein Traum von einer Stadt“.

Von Heidemarie Klabacher

Wer um Gottes Willen war Georg Pezolt? Wie kommt er dazu, auf der Festung auch nur die Lage eines losen Ziegelsteins zu verändern, geschweige denn, die Fürstenzimmer zu „erfinden“? Georg Pezolt, geboren 1810 und gestorben 1878 in Salzburg, war Maler und Grafiker, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker in „seiner“ Stadt - und eine der schillerndsten Gestalten in der Kunst-Szene seiner Zeit.

Als Maler bekannt ist er durch seine Druckgrafiken und Gemälde mit Ansichten aus Stadt und Land Salzburg. Seine „Borrumäums-Kapelle“ stand dort, wo heute der Hof der Universität Mozarteum ist. Sie war ein herausragendes Beispiel des Historismus in Österreich - und ist dennoch abgerissen worden. Und zwar anno 1973!

altTrotzdem: Was war da auf der Festung los? „Wir wissen es nicht“, sagt Peter Keller, der Leiter des Dommuseums. „Pezolt war Denkmalpfleger, er hat die Festungsrestaurierung von 1851 geleitet. Da und dort hat er schon vermerkt, wenn er in den Fürstenzimmern etwas hinzugefügt hat. Aber wir wissen nicht genau, was vorher alles vorhanden war. Es waren Dienstzimmer für Soldaten…“ Sogar der berühmte grünkachelige Ofen werfe Fragen auf, so Keller. Der Kachelofen werde derzeit restauriert - und wird womöglich Überraschendes preisgeben. Georg Pezolt jedenfalls hat ein Bild vom Fürstenzimmer gemalt, mit Wolf-Dietrich auf dem Sterbebett in der Mitte, für etwas mehr Action. „Johann Fischbach hat das gleiche Bild gemalt - mit Touristen als Staffage.“

altGeorg Pezolt hatte jedenfalls mehr als eine gute Imaginationskraft. Bekannt ist, das er ein „Sakramentshäuschen“ schlicht und einfach erfunden hat. Das Blatt ist vorhanden. Es wird in einer Kunstzeitschrift seiner Zeit besprochen und - von einem anderen Autor - ernsthaft diskutiert. Eine Tafel, die die frühchristliche Besiedelung Salzburgs belegen sollte, hat Pezolt ebenfalls „ge-faked“: „Da ist sogar die Polizei gekommen. Es war ein unglaublicher Skandal - aber auch eine Intrige von Gegnern und Konkurrenten“, schildert Peter Keller die Wirren um diese Persönlichkeit, die dennoch so wichtig ist für Salzburg: Petzolt war Gründungsmitglied des Kunstvereins und der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Seit 1850 nahm er in zahlreichen Zeitungsartikeln Stellung zu denkmalpflegerischen und städtebaulichen Fragen.

Tatsächlich geht auf die Anregung von Georg Pezolt die Re-Gotisierung des Turms der Franziskanerkirche zurück. Sein eigener Vorschlag von 1846 ist zwar abgelehnt worden, der Gedanke blieb aber in den Köpfen der Verantwortlichen haften. Pezolt war schließlich Leiter der Realisierung des Vorschlags eines Konkurrenten. Zum Glück durfte er die Fresken im Dom denn doch nicht übermalen…

altMehrmals habe das Leben Georg Pezolts eine Wende um jeweils 180 Grad genommen, erklärt Peter Keller. Da gab es den autodidaktischen, mit sich selbst und seinem begrenzten Talent zeitlebens unglücklichen Maler (mit gutem Blick für Qualität bei anderen). Den herausragenden Vertreter des frühen Historismus in Österreich (besonders in der Baukunst). Da war der wild gewordene Restaurator, nicht ganz zu unrecht diffamiert als „Tyrann von Salzburg“. Und natürlich gab es den Lebenskünstler Pezolt, der nie wirklich ernsthaft in der Szene Fuß fassen konnte und zeitlebens in prekären Verhältnissen befangen blieb. „Erst gegen Ende seines Lebens kam die letzte Wendung zu einem der ersten tatsächlich wissenschaftlich arbeitenden Denkmalpfleger“, erzählt Peter Keller. 1868 wurde Georg Pezolt endlich zum Restaurator für Salzburg ernannt.

Das Dommuseum zeigt bis 26. Oktober einige der wenigen Gemälde Pezolts, dafür zahlreiche Zeichnungen und Grafiken (aus Privatbesitz oder dem Salzburg Museum). Die von Pezolt 1843 entworfene Ausstattung der Kapelle von Fürsterzbischof Karl Schwarzenberg in der Residenz ist ebenso zu sehen wie der ehemalige Altar in der jetzigen Privatkapelle der Erzbischöfe im Palais.

Bis 26. Oktober - www.kirchen.net
Bilder: Dommuseum/Josef Kral/Hubert Auerb/dpk-klaba/Salzburg Museum