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Der Mensch und sein Raum

MUSEUM DER MODERNE

25/03/11 Der gehende Mann. Die stehende Frau. Der Kopf/die Büste. Aus diesen Grundelementen schuf Alberto Giacometti (1901 bis 1966) - wie in einem zweiten Schöpfungsakt - den Menschen „an sich“, einen eigen Kosmos. „Alberto Giacometti. Der Ursprung des Raumes. Retrospektive des reifen Werkes“ ist Titel einer weiteren „Sensations-Ausstellung“ im MdM Mönchsberg.

Von Heidemarie Klabacher

Sie lassen einen den Atem anhalten, diese dünnen Figuren, die - so filigran sie wirken - mit einer geradezu verstörenden Präsenz den Raum um sich beanspruchen. Nicht nur, dass jeden Augenblick der Alarm losgeht (wie heute Freitag, 25.3. bei der Pressepräsentation), wenn man die unsichtbare Grenze um die weißen Sockel herum verletzt. Die Figuren schaffen von sich aus Distanz: egal ob es die großen Skulpturen sind, oder die Miniaturen, auf ihren klobigen oder filigranen Podesten. Jedes Werk scheint ein einzigartiges  Kapitel „Menschsein“ zu erzählen, voller Farbe und Intensität und Leben. So streng und scheinbar gleichförmig sie dahermarschieren mögen.

Der schreitende Mann geht
an einem sonnigen Morgen über einen Platz,
der andere, auf einem schwebenden Sockel
geht im Regen durch eine Straße,
und das war ich.

Mehr noch als sonst, gilt es in dieser Ausstellung, die Wandtexte zu studieren. Die biographischen und sonstigen Informationen - vor allem aber die kleinen Originalzitate Giacomettis, in denen nicht selten ganze Kapitel (oder gar Bücher) Werkdeutung zusammengefasst sind.

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Und das Abenteuer, das große Abenteuer
besteht darin, in dem ein und selben Gesicht
wieder etwas Unbekanntes
hervortreten zu sehen
das ist großartiger, als alle Reisen um die Welt.

Das Museum der Moderne Salzburg ermöglicht zusammen mit namhaften Leihgebern - nach einer Schau in Wien von 15 Jahren die dem Gesamtwerk galt - zum ersten Mal einen Umfassenden Einblick in das Werk der „reifen Jahre“ Giacomettis von 1945 bis 1965. Fünfzig Skulpturen, dreißig Gemälde und ebenso viele grafische Arbeiten vermitteln einen geradezu überwältigenden Eindruck von den letzten zwanzig  Schaffensjahren Giacomettis.


Ich empfand Widerwillen für einen neutralen Sockel,
der schwer auf dem Boden steht,
dies schien mir falsch, und ich wollte es vermeiden
ich wollte Leere unter den Füßen der Figur.

Ausgangspunkt sind die Skulpturen, die in diesen beiden Jahrzehnten entstanden, und deren Beziehung zum Raum. Vertieft und verstärkt werden Eindruck und Einblick durch die zeitgleich entstandenen Gemälde. In der Ausstellung finden sich skulpturale Schlüsselwerke der 1940er bis 1960er Jahre, wie Le Nez/Die Nase und Homme qui marche/Schreitender Mann, beide aus 1947, La Forêt/Der Wald, Homme qui chavire/Taumelnder Mann, La Cage/Der Käfig aus 1950, Trois hommes qui marchent/Drei schreitende Männer von 1952 oder Grande tête mince aus 1954.


Im „Entre“ zur Ausstellung ist die dreiteilige großformatige Skulpturengruppe aufgestellt, die im Rahmen eines Wettbewerbs zur Gestaltung des Platzes vor der „Chase Manhattan Bank“ in New York 1956 entstanden ist. Diese Gruppe wurde nie ausgeführt - aber Giacometti arbeitete bis zu seinem Tod ständig daran. Hier sind sie: stehende Frau, schreitender Mann, monumentaler Kopf.

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altDie Ausstellung „Alberto Giacometti. Der Ursprung des Raumes“ sei nur Dank der großzügigen Leihgabe von vierzig wichtigen Werken der „Fondation Alberto et Annette Giacometti Paris“ zustande gekommen, betonte Museumsdirektor Toni Stoss. „Diese außerordentliche Leihgabe ist der Beitrag der Fondation zur besseren Kenntnis von Giacomettis OEuvre in Deutschland und Österreich.“

Ganz besonders spannend: die Fotoausstellung „Das Atelier des Künstlers“ mit zahlreichen Porträtaufnahmen von weltberühmte Fotokünstlern (Henri Cartier-Bresson oder Ugo Mulas). Das ganz Besondere aber sind die intimen Aufnahmen im Atelier: Gemälde, entstehende und fertige Plastiken, die Modelle dazu sind zu sehen. Aber auch der Künstler selbst bei der Arbeit oder beim akribischen Einrichten von Ausstellungen. Fotografen wie Ernst Scheidegger oder Kurt Blum spielen dabei mit ihren Atelieraufnahmen eine herausragende Rolle. Weiters zu sehen sind Aufnahmen von Brassaï, René Burri, Herbert Matter, Robert Doisneau oder Sabine Weiss. Die Foto-Ausstellung allein wäre schon eine Sensation.

Bis 3. Juli - http://www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM

 

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