Autorgramm vom Stummfilm-Star. Oder 16 aus 400

HINTERGRUND / MUSEUMSVEREIN / SALZBURGMUSEUM

10/11/22 Freundes- und Fördervereine werden ja – man las es anfangs mit Verwunderung – immer häufiger in Frage gestellt. Mitglieder zahlen einen kleinen Beitrag, gehen dafür gratis ins Museum, kosten die Institution letztlich mehr als sie ihr bringen. Geht's nicht um mehr?

Von Heidemarie Klabacher

„Freundesvereine in Museen und Opern haben ausgedient“, hieß es erst am 7. Oktober in der Tagszeitung Der Standard. Erwähnt werden Bogdan Roščić, der den „Freunden der Wiener Staatsoper“ die Freundschaft aufgekündigt, oder das Kunsthistorische Museum, das seinen Freundesverein durch ein neues Membership-Programm ersetzt hat. „Denn aus rein buchhaltericher Sicht steuert das Modell von privat initiierten und organisierten  Interessensgemeinschaftn kaum bis nichts zum wirtschaftlichen Erfolg der Institution bei“, schreibt Olga Kronsteiner im Standard. „So beanstandete der Rechnungshof 2018 im Falle der Albertina etwa, dass man den Mitgliedern des Freundesvereins freien Eintritt in das Musum gewährt, womit man, allein von 2014 bis 2016, auf Einnahmen von 50.000 Euro verzichtet habe.“ Dass es auch um mehr gehen kann – soll – als un reine Zahlen? Der Freundesverein des Kunsthistorischen Museums in Wien, gegründet 1912 als Österreichischer Staatsgalerieverein, habe „hunderte Kunstwerke erworben“, habe sich an Ankäufen beteiligt, „wenn das Budget der Direktoren wieder einmal zu knapp war“. Geld für Treue? Treue für Geld? „Loyalität ist offenbar ein Wert, der für Renchnungsprüfer unkalkulierbar scheint“, resümmiert Olga Kronsteiner im Wiener Standard.

Wie ist das in Salzburg? Der Salzburger Museumsverein wurde 1922, also nur zehn Jahre nach dem Wiener Pendant (mit, laut Standard, heute 2500 Mitgliedern) gegründet. Ziel: Geldmittel für das Museum zu lukrieren. Der Verein hat heute 14.000 Mitglieder und sei damit „der größte Museums-Förderverein Österreichs und einer der größten Europas“. Allein die letzten zehn Jahre hätten ein Wachstum von 115 Prozent verzeichnet. „Seit der Eröffnung des Spielzeug Museum sind insbesondere Familien-Mitgliedschaften stark angewachsen, so profitieren gerade junge Familien vom attraktiven Gesamtangebot“, sagt Martin Hochleitner, der Direktor des Salzburg Museums. Heute Donnerstag (10.11.) war Präsentation der Jubiäums-Ausstellung „Mit Leidenschaft gesammelt“. Denn auch der Salzburger sammelt für „sein“ Museum. In  hundert Jahren kamen so 2.500 Objekte zum Bestand, können auch online abgefragt können.

Der Verein sammelt nicht nur Objekte, sondern quasi auch Menschen: Gefördert werden besonders Museumsbesuche von Schülerinnen und Schülern. „Mit dem Erwerb einer Schulkarte wird die Hälfte der Kosten pro Schüler vom Verein übernommen“, berichtet Vereinspräsidentin Brigitta Pallauf. Damit setze man einen ersten Schritt für „zukünftige Ziele“ des Vereins. Museumsbesuche von jungen Menschen sollen gefördert und, in einem weiteren Schritt, die jungen Leute „bei der Umsetzung eigener Konzepte von Museumsarbeit unterstützt werden“.

Es geht nicht nur um Angebote für Mitglieder. Vielmehr wollen diese „ihrem“ Museum etwas geben. Die Austellung zum „Hunderter“ zeigt hundert Objekte angekauft vom Museumsverein angekauft. Diese verstauben keineswegs im Fundus. Schon jetzt sind in der Dauer-Ausstellung im 2. Stock der Neuen Residenz zahlreiche Ankäufe des des Museumsvereins zu sehen. Etwa eine Salzburg-Ansicht von Johann Fischbach aus dem Jahr 1840: „Diese wurde 2003 bei einem Wiener Antiquitätenhändler erworben und zeigt am Beginn des Rundgangs den Idealblick auf das 'romantische Salzburg'“, erinnert Museumsdirektor Hochleitner. 250 Jahre älter ist der bislang bedeutendste Ankauf des Museumsvereins der  letzten zehn Jahren: Von Philipp van den Bossche aus 1599 ist die älteste gemalte Ansicht der Stadt Salzburg. Diese konnte 2013 in Paris ersteigert werden und ist im „Feldherrnsaal“ ausgestellt. Es handelt sich oft nicht nur kostbare „Objekte“. Der Erwerb etwa von Münzen und Medaillen der Salzburger Erzbischöfe schloss so manche Lücke, „die durch Plünderungen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden war“. 
Mit der Jubiläumsausstellung wollte man nicht nur weitere Objekte unter Glas herzeigen, sonderen diese thematisch in die Schau einbetten. Der zweite Raum der Dauerausstellung etwa gilt dem wachsenden Tourismus um 1900. Dort nimmt nun die Dame mit schwarzem Hut von Theodor Ethofer (1849 – 1915) eine zentrale Rolle ein. Eine Vitrine mit archäologischen Funden ergänzt den Raum über die frühen Ausgrabungen des 19. Jahrhundert. Viele solcher zufälligen „Streufunde“ konnter der Musuemsverein den Findern abzulösen. Das waren nicht nur Peanuts und Scherben: „Highlight ist hier das erst in diesem Jahr erworbene Fragment eines Kammhelmes aus der Bronzezeit, welches eine Parallele zum berühmten Helm vom Pass Lueg bildet“, berichtet Chefkurator Peter Husty, der auch die Ausstellung „Mit Leidenschaft gesammelt“ betreut.
Gerade mal 16 von insgesamt vierhundert Tassen aus der 2010 erworbenen „Sammlung Hofrat Dr. Albert Schatzmann“ haben es in den Gloriensaal der Neuen Residenz geschafft. So auch einige der hundert Stücke umfassende Wachsobjekte aus dem Wachszieher-Hause Weinkamer. „Vielfalt war das Ziel. Neben Puppen, Krippenfiguren und gotischen Skulpturen, Fächern und Modeaccessoires wird auch eine archaisch wirkende Skulptur der Künstlerin Ute Lehmann gezeigt“, sagt Peter Husty zum Konzept. Ein monumentaler Barockschrank aus dem Jahr 1729. Ein Tisch des Salzburger Architekten Josef Heinrich Wessicken aus 1854. Fotos von der Lokalbahn zwischen 1950 und 1970 oder vom Gaisbergrennen 1957. Eine Vitrine voller Grafiken, darunter Arbeiten von Emmy Haesele und Alfred Kubin. Autogrammkarten gesammelt von Heinz Urmann, der auf seine schriftlichen Bitten hin als Schüler einst Autorgramme von Thomas Mann, Erich Wolfgang Korngold oder der Stummfilmschauspielerin Eva May bekommen hat...

Mit Leidenschaft gesammelt – bis April 2023 in der Neuen Residenz - www.salzburgmuseum.at – alle Objekte können digital eingesehen werden unter www.museumsverein.at
Bilder: Salzburg Museum