Was sich die Künstler dabei gedacht haben

SALZBURGER KUNSTVEREIN / JAHRESAUSSTELLUNG

11/12/15 Keine Geheimnistuerei, stattdessen: klare Worte: Der Salzburger Kunstverein forderte alle Künstlerinnen und Künstler, die ein Werk für die Jahresausstellung einreichten, dazu auf, ein Statement mitzuliefern.

Von Werner Thuswaldner

Damit erleben wir die Einmaligkeit, dass die Künstlerinnen und Künstler genötigt wurden ihr Werk zu „erklären“. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung brauchen also nicht grübelnd, rätselnd und mutmaßend von einem Werk zum anderen zu gehen und sich fragen: Was mag sich die Künstlerin oder der Künstler dabei gedacht haben. Das gibt es alles in der dazugehörige Erläuterung zu lesen. Diese Chance sollte sich niemand entgehen lassen! „Das Anliegen“, lautet der Titel der Schau.

Das Interesse der Künstlerschaft war groß: 102 wollten sich beteiligen. Kurator Severin Dünser vom 21er Haus in Wien wählte rigoros aus, es blieben nur 17 übrig. Aber niemand braucht zerknirscht zu sein und Zweifel an seiner künstlerischen Qualifikation zu hegen, denn außer Qualitätskriterien wollte der Kurator darauf achten, dass das Spektrum der künstlerischen Ausdrucksweisen groß ist und dass die Werke sich im Raum einigermaßen vertragen.

Ein paar Beispiele: Annelies Senfter aus Innervillgraten in Osttirol, eine Absolventin des Mozarteums, präsentiert eine Reihe schwarzer, monochrom wirkender Bilder, die eine ganze Stirnwand einnehmen. Was sie aber zeigen, ist nicht die totale Schwärze. So wie wenn jemand, der die Augen schließt, nicht die völlige Dunkelheit erlebt, sondern Bewegungen und Lichtpunkte wahrnimmt, so inhaltsreich sind auch diese Bilder.

Das Medium der Salzburgerin Anna Schwarz ist das Outfit eines Menschen. Sie möchte, dass sich jeder und jede, in dem was er oder sie tragen, wohl fühlt. Mehr noch: Es soll zu einer Optimierung der Persönlichkeit kommen. Der Anspruch ist hoch, begnügt sich aber nicht bloß mit einer Deklaration, sondern ist drauf und dran, seine Praxistauglichkeit zu erweisen. Dazu wurde ein eigenes Label kreiert: „superyou“.

Der Textilkünstler Bernhard Cella – von ihm gibt es neuerdings einen Wandteppich in der Stadtbibliothek zu bewundern – hat auf einem Tisch etliche kleinformatige Webereien hinterlassen, die nicht etwa eine Kollektion von Fußabstreifern darstellen, vielmehr liegen sie da, um an vermisste Publikationen zu erinnern. Die 38 kleinen Gobelins zeigen Vorder- und Rückseiten der abhanden gekommenen Bücher.

Von dem Salzburger Erich Gruber hängt ein Tableau mit vier Ernstkommunikantinnen an der Wand. Die Mädchen sind wie kleine Bräute ausstaffiert, sie sollen ja auch gleich die Vereinigung mit dem „Herrn“ erfahren. Der Künstler verweist mit Nachdruck auf die Fragwürdigkeit kirchlicher „Gebräuche“.

Anja Ronacher taucht in ihrem Begleittext tief in die Kunsttheorie ein und fragt, wodurch sich das Menschsein begründet. Indem sie viel Georges Bataille zitiert, glaubt sie sich einer Erklärung annähern zu können. Im Inneren des Menschen, wo es – wie auf Anja Ronachers Bildern – sehr schwarz ist, ist Raum für die Entfaltung und das Erleben von Kunst und Religion. Anja Ronacher erhält den mit 3000 Euro dotierten Kunstpreis des Landes Salzburg.

Das Kabinett gehört Antoinette Zwirchmayr. Dort gibt es Projektionen und geheimnisvolle Apparaturen zu sehen. Geräusche wie aus der Hexenküche, in der Faust verjüngt wird, dringen ans Ohr. Das Thema der Arbeit: „empfindliche Beziehungen zwischen Mensch, Objekt und Natur“.

Das Anliegen. Jahresausstellung 2015. Bis 7. Februar im Salzburger Künstlerhaus – www.salzburger-kunstverein.at
Bilder: Salzburger Kunstverein