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Kopftheater und Rollentausch

LANDESTHEATER / KAMMERSPIELE / TÜRKISCH GOLD

20/04/2010 „Türkisch Gold“ ist ein Jugendstück. Doch dahinter verbirgt sich mehr – der Zuschauer wird bereits nach wenigen Sekunden in einen fulminanten Gedankenrausch hineingezogen, der ihn noch weit nach Ende der Aufführung beschäftigt.

Von Isabell Spanier

alt„Ihr seid zwei verschiedene Menschen aus zwei verschiedenen Kulturen. Das ist wie wenn man verschiedene Farben auf einmal mischt: es entsteht immer braun.“ - Überraschend unerwartet trifft die Inszenierung von Marco Dott den Zuschauer. Mit einfachen Mitteln gelingt es den Regisseur, die Betrachter im Bann zu halten: das Bühnenbild - ein Jugendzimmer. Allerdings ein Jugendzimmer, das gedanklich hundert verschiedene Plätze vertreten kann. Zwei beste Freunde: Jonas und Luiza, aber zwei Freunde, die in Gedanken Jonas Ferienliebe Aynur, Aynurs Bruder Kerim, ihre Eltern und andere Personen darstellen. Wie kann man sich einer fremden Kultur annähern? Eine Möglichkeit zeigen Jonas und Luiza, indem sie aus Unsicherheit erst einmal ein Rollenspiel inszenieren.

altUnd dabei wird aus einem Gespräch zwischen zwei Freunden in einem Jugendzimmer viel mehr: eine Reise auf einem fliegenden Teppich ins ferne türkische Land, ein Abschalten und Wegträumen aus der Realität, Gespräche über Gefühle und Kulturdifferenzen, ein Sich-Näher-Kommen durch Rollentausch und Probedenken. Wie wird das Umfeld reagieren, wenn sich eine Beziehung zwischen einem 15jährigen deutschen Jungen und einem türkischen Mädchen entwickelt? Das versuchen die beiden Jugendlichen durchzuspielen, merken jedoch schnell, dass aus spielerischem Probedenken traurige Realität bleibt: Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit: „In diesem Land wirst du zum Ausländer gemacht. Sie behandeln dich wie Scheiße – also bist du auch so.“ Daraus versuchen sie Schlüsse zu ziehen, damit umzugehen und sich selbst in einer widersprüchlichen Welt einzuordnen.

altDer Zuschauer ist berührt von der Ehrlichkeit und Direktheit der Texte. Jugendliche sind dabei klar angesprochen, Problemfelder, mit denen sie im Alltag konfrontiert sind, werden umrissen: Es geht um die Erste Liebe, Kulturkonflikte, Klischees und Verpflichtungen, Eltern, Verantwortung und Religion. Ein Wirrwarr der Gefühle wird hinausgeschrien – und dabei kein Blatt vor den Mund genommen.

Das Ende bleibt offen: Wie wird die Beziehung zwischen Aynur und Jonas verlaufen? Wie wird Aynur reagieren? Mit diesen Fragen wird der Zuschauer alleine gelassen, jedoch mit einem positiv-wohlen Bauchgefühl.

Eine sehr witzig-humorvolle und vor allem ehrliche Inszenierung, die nicht nur für junge Leute ein Erlebnis ist. Fazit: sehenswert.

Aufführungen bis 20. Mai. - www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Jürgen Frahm

 

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