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Warum nur, warum?

THEATER IM KUNSTQUARTIER / PORQUE?

16/04/14 Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse ist befallen von einem unaufhaltsamen Parasiten: der Gewalt. Die Scham, Wut und Einsamkeit der Menschen dient diesem als Nährboden – und nicht erst seit der Erfindung von Ego-Shooter-Computerspielen.

Von Oliwia Blender

Die 3. Jahrgangsstufe der Abteilung für Schauspiel und Regie der Universität Mozarteum fragt danach, warum Gewalt eigentlich entsteht: Der Stücktitel „Porque?“, unter der Regie von Ulf Kirschhofer, hat man einem Werk des spanischen Künstlers Francesco Goya entliehen. Sein zwischen 1810 und 1820 entstandener Radierzyklus „los Desastros de la guerra“ stellt die Grausamkeit und Absurdität des Spanisch-Französischen Krieges dar. Gegenstand des Abends ist demnach, in anachronistischer Darstellung mit gänzlich fehlendem Handlungsverlauf, nach dem Ursprung und der Realität des Bösen zu forschen. Szenische Fragmente und „ausbrechende Bilder“ ergeben eine Darstellungsform, in denen die Körper, und nicht etwa die Dialoge, zu erzählen und zu erklären versuchen.

Unbeschwert singend in Unterwäsche erfolgt die Einladung zum Spektakel – noch herrscht Frieden im Paradies. Die Studiobühne im Kunstquartier ist seitlich und einreihig bestuhlt, offen für den direkten Kontakt zum Schauspieler. Sie erinnert an eine Arena und die folgenden sechzig Minuten bestätigen den aufkeimenden Verdacht: Dort wird ein Kampf geführt. Es beginnt ein Teufelskreis aus Missverständnissen und Wutausbrüchen, in dem das eigentliche Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Liebe fast schon albern wirkt. Denn schon nach kurzer Zeit kann man sich dem Geschrei und der plastischen Gewalt nicht entziehen. Psychischer und physischer Missbrauch werden dem Publikum aufgedrängt - da besänftigen auch Sätze wie: „Ist doch nur ein Plastikschwert“, nicht wirklich. Der Kampf und das Gegeneinander sind der rote Faden in der Darstellung und dieser lebt von Monologen und Gesang.

Der Gesang aber wirkt tröstlich! Die Stimmen der Schauspieler – abgesehen davon, dass diese sehr gut singen! – spiegeln lautmalerisch die friedliche Kommunikation und die Empathie der Figuren zueinander.

Wenn man bedenkt, was das Stück zu vermitteln versucht, woran nicht nur Nietzsche und Kant sich schieden, ist dieser Trost notwendig. Und es kommen sich wiederholende Fragen auf, wie: Ist das Böse nun genetisch bedingt und angeboren oder ein Nachahmungs-Konstrukt der Gesellschaft?

Da die gewohnten Ursachenvermutungen wie Waffen, Gewaltmedien und Computerspiele im Stück entschärft werden, durch die Darstellung von ebenso kampfbereiten „Urzeit- und Stammes-Menschen“, stellt sich ein sehr pessimistischer Grundgedanke ein. Steckt in jedem Menschen „das Böse“, ganz gleich wie vernunftbegabt er sich ausgibt? Und ist es somit nur eine Konsequenz von zwischenmenschlichen Beziehungen? Das Stück „Porque?“ führt folglich zu folgendem Gedanken: Laut Bibel hat schon Kain Gewalt angewendet und Abel erschlagen - und das in einem Zeitalter ohne „gewaltverherrlichende Filme und Spiele“ – also Warum nur?

Bilder: Universität Mozarteum / Michael Klimt

 

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