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Schnauchs aus dem Tuff der Trüffelabäume

KAMMERSPIELE / DER LORAX

29/03/23 „Ich bin der Lorax: Ich sprech für die Bäume, denn die können’s ja nicht!“ Der Geist der Bäume, geht in den Kammerspielen des Salzburger Landestheaters um. Aber auch Einstler, der eben diesen Bäumen den Garaus gemacht hat. – Der Lorax von Dr. Seuss als Uraufführung, ein Schau- mit Puppenspiel für die Jugend. Eindrücke von der Generalprobe.

Von Erhard Petzel

Theodor Geisel alias Dr. Seuss (1904–1991) hebt sich vor allem zu Weihnachten alljährlich mit seiner Figur des Grinch in das öffentliche Bewusstsein der Medienkonsumentenschaft. Aber auch sein Lorax hat es auf zwei Animationsverfilmungen gebracht, 1972 im Gefolge des gezeichneten Buches und 2012, 21 Jahre nach Ableben des Autors. Hält sich der erste Film, garniert mit einigen Show-Einlagen, ziemlich genau an das Buch, erweitern Chris Reunaud und Kyle Balda mit dem Drehbuch Ken Daurios den Stoff zu einem Animations-Musical mit Stadtkulisse und dem Jungen Ted mit Familien- und Liebesleben. Die unheimliche Figur des Einstlers tritt als Handlung bestimmende Figur in aktionistische Erscheinung, während sie im Original nur partiell sichtbar und als verdecktes Prinzip agiert.

Richard Panzenböck, der die Bühnenfassung erstellt und in den Kammerspielen des Landestheaters Regie geführt hat, ist auch Puppenspieler und Puppenbauer. Er greift einige dieser Elemente auf. Das kommt der Bühnentauglichkeit zugute. Die Rezitation des gereimten Originals wird gleich zu Beginn durch den Jungen (Aaron Röll) abgebrochen, der das Aufspüren des Einstlers (Gregor Schleuning) für seine Followers per Smartphone inszeniert. Das treibt den Einstler gleich einmal in brüllende Verzweiflung. Die Auseinandersetzung mit Social Media wird also zum Spezifikum dieser Kammerspiel-Fassung. Der Einstler lässt sich für das Erzählen seiner Geschichte denn auch mit Daten aus dem Smartphone bezahlen. Dass er selbst per Handy in seiner erzählten Geschichte unterwegs ist und als Kunden einen Chor von Influencern bedient, mag einem heutigen jungen Publikum nicht mehr als Generationsbruch erscheinen, ist es doch eine Elterngeneration im Netz gewohnt.

Ein Kaktus als pflanzliches Symbol fordert die Aufmerksamkeit des Jungen. Die Bühne (Geraldine Massing) bricht auf zur Erzählung des Einstlers, wie es zur Welt ohne Bäume gekommen ist. Die Elemente aus den Vorgaben des Originals sind zitiert, aber bühnenwirksam eigenständig umgesetzt. Springen grün glubschige Schneckenaugen zu den grünen Riesenpratzen durch die Latten der Fenster (auch in absurder Kombination) in der Rahmenhandlung, erleben wir den Einstler in der Erzählung als zunächst verunsicherten Jüngling, der in einer paradiesischen Landschaft auf einmal sein Geschäftsmodell findet: Schnauchs aus dem Tuff der Trüffelabäume. Die werden zum absoluten Verkaufshit mit Modeschauen (herrlich doof Modelle wie Umzugs-, Tauchschlauch- oder Rundumglücklich-Schnauch) und Fabrikgründung.

Braunfelliwullis und Summerfische – mit wuscheligen Handpuppen bedient – bewohnen Wald und Wasser. Der narzisstisch auf Erfolg getriebene Einstler mag sich ungeschickt mit ihnen anfreunden (nicht durch Marshmallows wie im Film). Sogar Lorax, den wuschigen Geist der Bäume, kann er manchmal mit seiner Wirtschafts- und Entwicklungsrhetorik etwas mundtot machen. Doch gibt es seit dem Fall des ersten Baums erbitterte Auseinandersetzungen zwischen den beiden. Angelpunkt der Auseinandersetzungen ist Wahrnehmung: Selbstwahrnehmung durch wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen Erfolg einerseits, anerkennen der Systembedingungen von Lebensgemeinschaften andrerseits. Aber auch persönlicher Respekt. Lorax will nicht geduzt werden. Gendert Einstler bei öffentlichen Auftritten, wird das Spiel mit leerer Wahrnehmungs-Attitüde zur Persiflage.

Wie der Lorax bei einem Ressourcen-Schach gegen Einstler verliert, so werden die Tiere vertrieben aus der vergifteten Natur. Der Verkaufstrick mit Frischluft-Dosen ist im Film der nächsten Unternehmergeneration (O’Hare) vorbehalten, wird hier durch Einstler zur Kapitalisten-Volte. Obwohl er nichts Böses wollte, vereinsamt er, als sein Geschäft nach dem Fall des letzten Baumes zusammenbricht. Das letzte Trüffelabaum-Samenkorn soll in der Hand des lächelnden Jungen zur neuen Hoffnung keimen. Wie im Original bleibt dieser Schluss offen.

Wie in den Filmen gibt es knackige Musiknummern (Katrin Schweiger), geschickt zum Playback gesungen. Immer gut die Auftritte der Influencer*innen. Es hätte insgesamt durchaus noch weitere solcher Show-Elemente vertragen, doch die alte Umweltschutz-Parabel ist mit Witz und ohne Verrat am Original aktualisiert. Wahrscheinlich würden schon ältere Volksschulkinder ihr Vergnügen daran finden.

Altersempfehlung ab 10 Jahren, es gibt viele Schulvorstellungen. Im freien Verkauf am 1., 2. April sowie am 14. und 24. Mai – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: SLT / Tobias Witzgall

 

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