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Über Gaisberg und Chicago ins Schallmoos

KLEINES THEATER / VIRGINIA HILL

26/01/18 Mafia-Braut verliebt sich in Salzburger Schilehrer und strandet auf dem Gaisberg… Zugrunde liegt dem Musical ein Kriminalfall der Nachkriegszeit mit tragischem Ausgang. Nun feiert die blumige Geschichte als märchenhafte Salzburger Sozial-Operette seine glückliche Auferstehung im Kleinen Theater.  

Von Erhard Petzel

Die tatsächlich historische Geschichte der Virginia Hill ist eingebettet ins Peter Blaikner-Universum. Virginia Hill scheint aus dem Setzkasten der Thriller- und Krimi-Branche entnommen, und es steckt doch eine reale Biographie dahinter - wenngleich die Quellen dazu regenborgenfarbig sprudeln. Virginia Hill stirbt - wahrscheinlich – wegen ihrer Autobiografie. Also für die Aufzeichnung ihres glamourösen Lebens, mit der sie das Versiegen des Geldflusses kompensieren will, nachdem ihre früheren Auftraggeber aus der amerikanischen Mafia das Interesse an ihrem einstigen Zugpferd und Schieberprofi verloren haben. Die Aufzeichnung dieser Geschichte erfolgt stilsicher im Gazettenblatt des Burda-Verlags, in der „Bunten“.

Die entsprechenden Ausgaben einer Folgen-Serie sind vom Museumsverein Unken als Paperback aufgelegt. „Unken“ wird sich in einem der Songs nicht nur auf „betrunken“ reimen, sondern hat tatsächlich ein Nahverhältnis zur Gangsterbraut, die sich auf einer Hütte im Heutal vor ihren ehemaligen Paten versteckt. Hans Hauser, ihr aktueller Ehegatte und Vater ihres 13-jährigen Sohnes, war einst in den USA als Salzburger Ski-Ass und Promischilehrer tätig - und als solcher attraktiv für die an Beziehungen nicht arme Virginia. So kommt Frau Hill auf den Gaisberg... Der alte Polit-Kalauer zum Verhältnis Chicago–Salzburg darf dann im Blaikner-Universum auch nicht fehlen.

Womit ein Salzburger Society-Spektakel losgetreten ist.

Das Landestheater hat das Stück bei Peter Blaikner in Auftrag gegeben, aber Philip von Maldeghem hat es schließlich für sein Haus abgelehnt. Man muss allen Beteiligten zurufen: Gut so! Vergesst alles böses Blut und steckt die Kränkung weg, jeder hat für sich recht und die aktuelle Lösung ist perfekt. Was im Kleinen Theater frischen Wind macht, wäre im Haus an der Schwarzstraße problematisch gewesen. So kann Blaikner vor seinem Publikum ungehemmt und unzensiert kalauern und eine Volksbühne bedienen, für die das Landestheater dramaturgisch sorgfältiger vorgehen müsste. Reicht für die Chicagoer und New Yorker Mafia ein klischeehafter Sprechgestus, müsste Hills Redeweise auf Landestheater-Boden eine entsprechende Ausformung finden.

Auch die Musiknummern – Konstantin Wecker erweist sich hier als kongenialer Partner Peter Blaikners – fallen eigentümlich aus der Zeit, sowohl der historischen wie der aktuellen. Als Referenz an den guten alten Austro-Pop liegen sie stilistisch inmitten. Gerade die Songs sind es aber, für die der Raum des Kleinen Theater ein Segen ist. Die ansprechende Vokalharmonik wirkt durch den Verzicht auf Verstärkung der klaren und sauber intonierten Stimmen. Das zeitweise verwendete Bühnenmikrophon ist entweder historisch bedingtes Accessoire oder dient dem Spiel mit Effekten.

Dass die Truppe aus vier Leuten unter der Regie Cornelius Gohlkes das gesamte Personenregister abdecken muss, macht den besonderen Reiz der Aufführung aus. Kerstin Raunig, Gaby Schall, Peter Blaikner und Torsten Hermentin schlüpfen flexibel in die unterschiedlichen Kostüme und Facetten der Figuren. Umziehen und Bühnenwechsel erfolgt im beweglichen Spiel mit zwei Stellwänden, die mit Hängebildern jeweils Lokalkolorit imaginieren. Ein ideales Konzept für Tourneen – zum Beispiel an die Stätten mit biografischem Bezug. Der reiche Applaus wäre auch dort sicher.

Aufführungen bis 13. März im Kleinen Theater - www.kleinestheater.at
Bilder: Kleines Theater / Christian Streili

 

 

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