Wer hat die Kokosnuss geklaut?

TANZHOUSE / CIE LAROQUE / ESNES.N.ON2

12/10/11 Keine Ahnung. Wahrscheinlich Fritz. Wie es ausschaut, hat er als Ritter von der Kokosnuss diese erobert - mit Yogamatte und Regenschirm - und auch noch Johnny und Katarina ermordet. Warum? Wie gesagt: Keine Ahnung. Es war aber echt lustig.

Von Heidemarie Klabacher

Getroffen haben sich die drei in einem Bus in Indien, zwischen in und um Mumbai. Opernsängerin Katarina wähnt sich freilich in Dubai und manches kommt ihr langsam seltsam vor.

Zunächst also drei schwitzende Touristen in einem unklimatisierten, überfüllten, rüttelnden indischen Linienbus, umgeben von ebenso schwitzenden Indern mit Hühnersteigen. Vollbremsung. Der eine fällt vom Notsitz, die anderen beiden stürzen sich darauf. Die Unterlegenen unternehmen alles, um beim nächsten gröberen Rumpler den Siegreichen vom Thron zu stürzen. Es rüttelt und rumpelt, und laut - und heiß - ist es auch.

Diese ebenso absurden wie farbkräftigen Bilder erwecken auf leerer Bühne drei Tänzer, die in einem sonnengelben Licht-Viereck auf dem Boden stehen, einen Arm nach oben strecken und auf einen Takt - den der Rumpelbus vorgibt - in die Knie gehen. Und manchmal eben vom Hocker fallen. Dazu gibt es wohl eine klangvolle Geräuschkulisse, aufgenommen vielleicht sogar am Originalschauplatz. Dennoch sind allein schon die Bildkraft der Szenen und die Aussagekraft der scheinbar so simplen Bewegungen der drei Darsteller enorm.

Die Geschichte kommt nicht ganz ohne Text aus: Sparsam eingesetzte und knappe Dialoge kommen leicht hallig via Lautsprecher. Das bringt einen Verfremdungs-Effekt mit sich und verhindert - klugerweise - dass Nicht-Schauspieler auf offener Bühne sprechen müssen.

Die drei Unbekannten jedenfalls lernen sich auf der unbequemen Reise dann doch irgendwann kennen, freunden sich an, kommen einander näher, übernachten sogar gemeinsam im Zelt (Fritz hat es im Rucksack, wie auch Hocker und Zweithocker, Regenschirm, Regenmantel, Laptop - sehr verdächtig, fünf Paar Schuhe und Fliegenklatsche).

Sie haschen auch fröhlich: Dies sei ein Nichtraucherzelt, hört man zwar Fritz protestierend aus dem Durcheinander der Schatten an der Zeltwand, aber es hilft ihm nichts. Man ist ja in Indien. Dann erzählen sie sich traurige Geschichten aus Kindertagen und am Ende sind zwei von ihnen tot. Vermutlich. Fritz jedenfalls hat die Kokosnuss. Fritz ist ein Yoga-Freak. Wenn die Moskitos kommen - man merkt das ganz genau an der hektischer werdenden Bewegung, im Zelt - versucht er es mit Versenkung. Wie er sich dann - aus seiner „Inneren Mitte“ heraus - mit dem Fliegenpracker auf die Gelse stürzt, ist eines Buster Keaton würdig.

„esnes.n.on2“ heißt das Stück von cieLaroque, das Helene Weinzierl zusammen mit Anna MacRae inszeniert und choreographiert hat. Ein Tipp. Den Titel von hinten nach vorne lesen. Der pure Unsinn also, zum Quadrat, und noch dazu urkomisch. Einen Sinn oder die Meta-Ebene oder gesellschaftspolitische Relevanz herausdestillieren, freut jetzt nicht. Es war brillant und komisch. Das darf auch einmal genug sein. Die Darsteller, die ebenfalls an Idee, Konzept und Choreographie beteiligt waren: Yuri Korec, Viviana Escalé und Vladislav Soltys. Applaus noch mal!

"esnes.n.on2" wird heute Mittwoch (12.10.) um 20.30 Uhr in der ARGE im Rahmen des tanz_house Herbst 2011" noch einmal aufgeführt - www.argekultur.at, www.tanzhouse.at
Bilder: cieLaroque / Peter Huber