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Märchenzauber im Winterwald

LANDESTHEATER / HÄNSEL UND GRETEL

09/12/24 Hänsel und Gretel verliefen sich bekanntlich im Wald. Der Regisseur Thomas Mika lässt Engelbert Humperdincks ewig junge Märchenoper für Kinder und Erwachsene im Salzburger Landestheater in der Tat im verschneiten Winterwald ablaufen und ist dennoch um neue Ideen nicht verlegen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Thomas Mika, der auch für Bühne und Kostüme sorgte, stellt eine im Grunde einfache, aber stimmungsvolle Kulisse auf die Drehbühne. Schneeflocken tanzen vom Himmel. Die Besenbinder-Familie, fahrendes Volk, logiert in einem hölzernen Bretterhäuschen auf Rädern, rundherum gibt es allerlei Arbeitsgerät, welches zu dem selben, dann eher sparsam mit Lebkuchen drapierten Häuschen der Hexe ebenfalls gut passt. Denn letztere ist auch die Mutter, die am Ende des ersten Teils auf einem Besen, was sonst, in den Wald reitet.

Das ist nicht neu, aber diesmal dramaturgisch klug gezeichnet. Die notleidende, völlig überforderte, bebrillte Frau, welche die in ihren Augen schlimmen Kinder zum Hexenstein Beeren sammeln schickt, wird mit einer Hakennase und wilden Haaren samt schwarzer Flatterjacke zu einer glaubwürdigen Satansdienerin – im Traum? Das Ende im Ofen bleibt ihr nicht erspart, aber siehe da, dem brennenden Domizil entsteigt am Ende die geläuterte Mutter, um mit Mann und Kindern den Tod der bösen Gewalt zu feiern. Martina Mikelić spielt die zur Einheit verschmelzende Doppelrolle mit bewegungsintensiver Verve und mitunter durchaus komisch und singt mit energischem Sopran, der von tiefer bis hoher Lage fast bruchlos klingt.

Überhaupt wird viel getänzelt und gesprungen an diesem Abend, was ja im Text – Brüderchen, komm tanz mit mir – vorgegeben ist. Dazu ist dem Bewegungscoach Alexander Korobko allerhand eingefallen. Es gibt aber auch genügend Momente der Stille, zum Beispiel wenn Sand- und Taumännchen, mit Silberstimme Anita Giovanna Rosati, die Nacht und den Morgen ankündigen. In der Engelspantomine erscheinen keine geflügelten Wesen, sondern bereits die später erlösten Lebkuchenkinder der Hexe. Die Regie, phantasievoll unterstützt von Lichtdesigner Richard Schlager, zeichnet immer wieder feine und völlig kitschfreie Naturstimmungen im romantischen Dämmerlicht.

Katie Coventry ist ein gebührend burschikoser Hänsel, Laura Incko die eigentlich viel tatkräftigere Gretel wie aus dem Bilderbuch. Das dunklere und das hellere Timbre dieser souverän geführten Sopranstimmen vereinen sich zu strahlenden Zwiegesängen wie Gold und Silber. George Humphreys ist ein baritonal auftrumpfender und sympathisch menschlicher Vater. Der „Salzburger Festpiele und Theater Kinderchor“, wieder einmal famos einstudiert von Wolfgang Götz, macht das erlösende Finale zum reinen Vergnügen.

Im dicht besetzten Graben waltet Leslie Suganandarajah umsichtig seines kapellmeisterlichen Amtes.

Natürlich ist der oft süffige Klang der an Wagner orientierten Partitur in diesem Rahmen etwa im Abendsegen nicht komplett wiederzugeben, so sehr sich die Streichergruppe des Mozarteumorchester darum bemüht. Dafür gelingen schöne Details in den Spielszenen und der volksliedhafte Charakter wird bestens getroffen. Manchmal grenzwertige Lautstärken sind in dieser Akustik nicht zu vermeiden. Dafür entschädigt die zur Geschichte passende intime Atmosphäre des Hauses. Die Landestheater-Premiere am 7. Dezember verzauberte und berührte. Das Publikum jubelte am Ende ausdauernd.

Aufführungen bis 31. Jänner 2025 – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Tobias Witzgall

 

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