Schmeißt’s euch hin, der Engel ist da

REPORTAGE / HIRTENTAGE AUF DER LOFERER-ALM

09/09/10 „… lagerten Hirten auf dem Felde bei ihren Herden…“, heißt es immer. Wörtlich zu nehmen ist das beim Hirtencamp des Salzburger Adventsingens auf der Loferer-Alm: Zum Schluss der Probenwoche der Hirtenkinder hat sich sogar das Weidevieh auf die „Bühne“ getraut.

Von Heidemarie Klabacher

alt„Ich habe hier die gesamte Breite des Großen Festspielhauses“, sagt Veronika Pernthaner. Die ansteigende Wiese hinter der Almhütte vom Soderkaser-Bauern auf der Loferer-Alm ist tatsächlich das ideale Aufmarschgebiet für Hirten und Engel.

alt„Wenn sie hier in Zimmerlautstärke sprechen, spüren sie selber, dass schon in zehn Meter Entfernung kein Wort mehr zu verstehen ist. Wenn sie dann im Großen Festspielhaus auf der Bühne stehen, werden sie sich an das Gefühl erinnern, über Stock und Stein, Grasbüschel und Kuhfladen zu laufen.“

Veronika Pernthaner ist Schauspielerin, Regisseurin und seit 2007 die Obfrau des Salzburger Amateurtheaterverbandes: Sie ist die Regisseurin des Salzburger Adventsingens 2010 „Wer klopfet an“.

altIhr Zugang zu den Kindern ist das Spiel. „Mit Kindern zu arbeiten ist auf der Bühne das Schönste, weil sie das Theater spielen noch ganz unverdeckt in sich haben.“ Bei Erwachsenen müsse der Spieldrang oft erst wieder ausgegraben werden, während bei Kindern die Lust am Spielerischen meist offen zu Tage liege. „Rollenfindung in der Natur ist einfach das Beste. Und hier auf der Alm ist es besonders leicht körperlich zu arbeiten.“

altDie Almhütte vom Soderkaser-Bauern der Familie Dürngerger auf der Loferer-Alm war auch heuer wieder das Basislager für die frühherbstlichen Probentage. Seit Februar haben die Hirtenkinder einmal pro Woche Musikunterricht: eine Gruppe „inner“ und eine Gruppe „außer Gebirg“. Auf der Loferer-Alm kommen die Kinder und Jugendlichen erstmals zusammen. Von den 18 Hirtenkindern sind heuer sieben das erste Mal dabei: „Einen so großen Wechsel hatten wir noch nie“, sagt Markus Helminger, der für die Hirtenkinder verantwortlich ist.

altDie neuen - Martin und Felix aus der Stadt Salzburg, Carolin aus Obertrum, Simon aus Anthering, Sarah aus Flachau, Christina und Magdalena aus Kuchl - seien von den alten sofort liebevoll aufgenommen und in das Hirtenamt eingeführt worden. Unter den Hirtenkindern aller Generationen herrsche großer Zusammenhalt: „Besonders heute, mit SMS und Facebook, wissen sie immer voneinander Bescheid.“ Ein ehemaliger Hirt sei dieser Tage mit dem Montain-Bike auf die Loferer-Alm auf Besuch gekommen.

altIn der Regel seien die Kinder sechs bis sieben Jahre dabei, die Burschen scheiden naturgemäß mit dem Stimmbruch aus, die Mädchen meist ein zwei Jahre später: „Es ist toll, die Kinder durch diese Jahre begleiten und sie sich entwickeln sehen zu dürfen“, sagt Hans Köhl vom Adventsingen. Gudrun Köhl-Korbuly betreut die Kinder als „Hirtenmutter“. „Heimwehkekse haben wir immer auf Vorrat.“

altFelix ist mit acht Jahren zurzeit der Jüngste. Er spielt das Piston, eine Art Kreuzung aus Flügelhorn und Trompete. Sein neun Jahre alter Bruder Martin spielt Klarinette. Ihre Mutter singt im „Salzburger Volksliedchor“, so haben die Brüder bereits im Vorjahr Adventsingen-Proben im Festspielhaus miterlebt: „Heuer dürfen wir endlich mitspielen.“ Bei Caro war es ähnlich, ihre Mutter ist Fagottistin im Orchester. Sarah ist durch ihre Gitarrenlehrerin zu den Hirtenkindern gekommen: „Es ist voll cool, es macht riesig Spaß.“ Christina spielt Oboe - ein Instrument, das erstmals im Hirtenensemble erklingt.

altTatsächlich werden die Lieder und Stücke für die Hirtenkinder an Ort und Stelle für die vorhandenen Instrumente neu arrangiert: „Kein Problem mit Computer und Drucker. Wir sind hier auf der Alm sehr gut ausgerüstet“, sagt Kaspar Fischbacher, der für die Hirtenmusik verantwortlich ist. Jedes Jahr werde mindestens ein Stück neu erarbeitet: „Heuer ist das ein alter ‚Steirer’ mit einem ‚Schleunigen’.“

altNeu im Betreuungsteam ist der Musiklehrer Stefan Gfrerer aus St. Johann im Pongau. Er wird  Kaspar Fischbacher vor allem bei den Proben im Festspielhaus unterstützen. Besonders fasziniert ist Fischbacher von der Begeisterung der jungen Musikerinnen und Musiker: „In den Pausen zwischen Rhythmus-, Gesangs- und Sprechunterricht haben sie immer wieder sofort wieder ihre Instrumente geholt und in unterschiedlichsten Gruppierungen miteinander musiziert.“

Irgendwo in der Hütte erklingen Horn und Harmonika, im Hintergrund wird „gepascht“ und draußen vor der Almhütte sitzen die Hirtenmädchen aufgereiht auf dem Zaun und singen zur Gitarre „I wü z’ruck nach Fürstenfeld…“

www.salzburgeradventsingen.at
Bilder: dpk-klaba