Das Gegenteil von bescheiden ist ambitioniert

KAMMEROPER SALZBURG / NEUES FESTIVAL / MUSIKUNSTHEATER

15/09/22 Neues Festival. Ambitionierte Ziele. MusiKunsTheater – kurz MKT – heißt das jüngste Projekt der Kammeroper Salzburg. Zwischen den Zeiten ist das Motto der ersten Ausgabe von 17. bis 25. September. Die Latte legt man sich hoch: „Wir wollen diejenigen zurück ins Publikum holen, die der Opernbetrieb der letzten Jahrzehnte vergessen hat.“

Von Heidemarie Klabacher

Hervorragend gesungen wird überall, wo Gordon Safari draufsteht – ob Barock oder postmoderne Postmoderne“, hieß es im Februar '22 auf DrehPunktKultur über die online-Oper Im Westen nichts neues, im Süden aber auch nichts. Sogar von einer möglicherweise „besonders raffinierten Metapher für den allgemeinen Stillstand zwischen Großer Oper und Sound-Collage“ war die Rede.

Nun macht die Gruppe Kammeroper Salzburg einmal mehr von sich reden. Diesmal nicht mit einer Einzel-Produktion, sondern gleich mit einem ganzen Festival. „Wir leben Zwischen den Zeiten von Frieden und Krieg, Wohlstand und Wirtschaftskrise, nach und, eventuell, vor einer Zeit einer fortlaufenden Pandemie. Diesen Spannungsraum werden wir in unterschiedlichen Kunstformen bespielen.“

Das sagt Gordon Safari, der musikalische Leiter. Er gründete und leitet die Kammeroper Salzburg zusammen mit Konstantin Paul und Michael Hofer-Lenz, den beiden Verantwortlichen für Regie und Ausstattung. Zur Kammeroper Salzburg haben sich, so die Selbst-Beschreibung, Leute zusammengeschlossen, „die Oper außerhalb der etablierten Häuser Salzburgs vorantreiben wollen“.

Man verstehe sich als „ThinkTank für progressive Konzepte und als Plattform für sowohl selten gespielte Werke der letzten hundert Jahre als auch für Ur- und Erstaufführungen“. Natürlich sieht man „Oper nicht als Unterhaltungsbetrieb sondern als Mittel zur Darstellung von wirklichen und drängenden Problemen“.

Der Anspruch ist hoch und prägnant formuliert, wenn auch inhaltlich ein wenig diffus: „Wir machen Oper nicht zum Ziel sondern zum Zweck.“ Worum sich die alten Instutitionen Jahr um Jahr um Jahr bemühen, versuchen natürlich auch die ganz jungen: „Wir wollen diejenigen zurück ins Publikum holen, die der Opernbetrieb der letzten Jahrzehnte vergessen hat.“

Begonnen hat alles mit einem einzelnen Projekt. Mit Tag 47. Das war die rein digitale „Corona-Oper“ mit Premiere am 1. Mai 2020, dem 47. Tag der Corona-Beschränkungen. Dieses beeindruckende Werk ist innerhalb weniger Tage komponiert und realisiert worden. Das Leading-Team ist das gleiche geblieben. Die Ansprüche sind gewachsen. Von Tag 47 führte die rasche Entwicklung über weitere Einzelprojekte, wie etwa die szenische Installation Things left unsaid oder eben die digitale Oper Im Westen nichts neues, im Süden aber auch nichts bis zum nun erstenmals anstehenden Festival MusiKunsTheater MKT.

„Die Kunstsparten Musik, bildende Kunst und Theater sind die tragenden Säulen dieses neuen Formats, das sich zum Ziel setzt, Künste und Künstlerinnen mit ihren Arbeiten zusammenzuführen und so neue Synergien zu erschließen.“ Eifer kann schon mal in inhaltlich schwebenden Formulierungen gipfeln. Dass Künstlerinnen und ihre Kunst was miteinander zu tun haben, ist aber nicht grundsätzlich verkehrt. MusiKunsTheater verstehe sich jedenfalls „als ein Festival, gestaltet von freischaffenden Künstler:innen“.

Die Idee entwickelte das Leitungsteam Hofer-Lenz, Paul und Safari zusammen mit Christian Wallisch-Breitsching von der Kollegienkirche, schon bisher ein regelmäßiger Kooperationspartner der Kammeroper Salzburg und ein Ort „an dem sich Künste und Künstler:innen im Kirchenraum frei entfalten dürfen“. Ein besonderes Anliegen ist den Verantwortlichen der freie Eintritt zu allen Veranstaltungen. „Wir wollen keine sozialen Barrieren, sondern Kultur in Salzburg für alle zugänglich machen.“ Spenden sind willkommen.

Und was steht nun von 17. bis 25. September in der Kollegienkirche konkret auf dem Programm? Eröffnet wird mit der Klangcollage Europeras 3+4 von John Cage (am 17. und am 25. September). Es folgen die Kunstinstallation Zwischen den Zeiten von Michael Hofer-Lenz (ab 17. September), die Klanginstallation White Noise (17. und 22. September), das Konzert Play Music - Time Flies (am 18. September), das Konzert Experimente La Musica (am 22. September) und die Uraufführung des Schauspiels Zerreißprobe von Konstantin Paul (am 23. und am 24. September).

Zwischen den Zeiten erstes Festival MusiKunsTheater der Kammeoper Salzburg – 17. bis 25. September - www.kammeropersalzburg.com 
Bilder: Kammeroper Salzburg
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