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Die Wahrheit hinter der Vedute

SALZBURG MUSEUM / GALERIE WELZ

06/06/25 Quer durchs Motiv laufende Telegrafendrähte sind der Schrecken jedes Fotografen. Ein Maler, so glaubt man, würde sie einfach weglassen. Nicht so Rudolf Hradil. Aus solchen „störenden“ Apercus der Jetztzeit hat er seinen Veduten immer wieder – man glaubt es kaum – Stimmung und Lokalkolorit geschenkt.

Von Reinhard Kriechbaum

Rudolf Hradil (1925-2007) wäre heuer hundert Jahre alt geworden. Ohne ihn wäre „Salzburger Kunstgeschichte nicht vorstellbar“, sagt Martin Hochleitner, Direktor des Salzburg-Museums, das aus diesem Anlass eine Ausstellung gemeinsam mit der Galerie Welz ausrichtet. Dort werden ja sonst Bilder verkauft, die Ausstellung jetzt ist zweigeteilt. Im vorderen Bereich sind die Arbeiten, die Welz anbietet. Auf einem Rahmen pickte schon bei der Presse-Vorbesichtigung heute Freitag (6.6.) der grüne „Verkauft“-Aufkleber. Jene Gemälde im hinteren Bereich, die beschriftet sind, steuert das Salzburg Museum bei. Das besaß bis vor zwei Jahren bloß 19 Ölbilder von Hradil, aber durch die Verlassenschaft der Witwe hat sich dieser Bestand ziemlich genau verfünffacht. Es sind Bilder aus allen Schaffensperioden. Gezeigt werden Ölgemälde und, erstmals ausgestellt, auch drei Monotypien.

Herbert Boeckl und Albert Paris Gütersloh in Wien, dann Fernand Léger in Paris – der ohnedies von seiner Familie her bildnerisch vorbelastete Rudolf Hradil hatte beste Lehrer. Als Stipendiat in London hat er sich in die Radierung eingearbeitet, und der Bauhaus-Künstler Max Peiffer-Watenphul weckte in ihm das Interesse in Sachen Aquarellmalerei und Farblithographie. All diese Techniken wusste Hradil dann in seinem langen Schaffen zu nutzen.

Stadt- und Landschaftsansichten waren seine Domäne. Rom, Paris, Berlin oder New York (und Salzburg natürlich noch und noch) – Rudolf Hradil war nicht nur bei der Motivsuche welthaltig. Auch in der handwerklichen und gestalterischen Qualität agierte er auf hoher Ebene und mit unverkennbar eigener Handschrift. Es ging ihm nie um die bloß „schöne“ Vedute. Es durfte auch die Peripherie, das Weichbild der Städte sein. Ein rostiger Fischkutter hat ihn – scheinbar – mehr inspiriert als die venezianischen Kirchtürme dahinter. Und doch ist das Gesamtbild „echtes“ Venedig!

In einem Bild gewinnt das Gewirr aus Stromleitungen und Isolierelementen gleichsam Eigenleben – da schlägt der Graphiker durch. Hradil hat vor Ort meist nur Skizzen angefertigt, die er dann im Hotelzimmer oder später in seinem Atelier verarbeitete.

Ein Waschbecken, darin abgelegt ein Blumenstrauß, auf dem Bord die Zahnbürste und anderes Zeug: Für Rudolf Hradil reichte offenbar der Weg ins Badezimmer, um in all der zufälligen Unordnung Poetisches zu entdecken. Das Plakatmotiv ist typisch: ein Stillleben aus provisorisch eingewasserten Apfelblüten, einer Gartenschere und einem Kaffeehäferl.

In einer Vitrine stehen Dinge aus Hradils Atelier. Neben vielen Vasen, Flaschen, Pinseln und Farbpalette auch zwei Gipsköpfe. Diesen begegnet man in einem Ölbild wieder, da stehen die beiden Köpfe wie zufällig neben einem Bügeleisen und einer Polaroid-Kamera. Das Leben der Dinge hat Hradil in den 1980er Jahren eine druckgraphische Serie genannt. Man könnte das über viele Werke von ihm schreiben.

Rudolf Hradil zum 100. Geburtstag. „Gastspiel“ des Salzburg Museums in der Galerie Welz. Bis 12. Juli – www.salzburgmuseum.at; galerie-welz.at
Bilder: dpk-krie

 

 

 

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