Was ins Ohr und ins Herz einfährt
HINTERGRUND / FRITZ KREISLER
16/12/24 Die Salonstücke Liebesfreud, Liebesleid und Schön Rosmarin hat jeder Musikfreund im Ohr. Im kommenden Jahr, am 2. Februar 2025, jährt sich der Geburtstag von Fritz Kreisler zum 150. Mal. Der Salzburger Geiger Benjamin Schmid nimmt aus dem Anlass mit dem RSO Wien eine CD auf.
Von Reinhard Kriechbaum
Eine Geigenkarriere mit unerwarteter Unterbrechung: Schon als Siebenjähriger 1882 wurde der 1875 in Wien geborene Fritz Kreisler im Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde Schüler von Joseph Hellmesberger junior (Violine) und Anton Bruckner (Musiktheorie). Er war das jüngste „Wunderkind“, das jemals dort aufgenommen wurde. Von 1885 bis 1887 studierte er am Pariser Konservatorium (bei Lehrern wie Léo Delibes und Jules Massenet). Nach einer ersten Tournee als Geiger durch die USA bewarb Kreisler sich bei den Wiener Philharmonikern, wurde jedoch abgelehnt, weil er nicht richtig vom Blatt lesen konnte. Er hörte auf zu musizieren, begann erst Medizin und dann Malerei zu studieren und verbrachte eine kurze Zeit in der Armee. 1896 fing er wieder mit dem Violinspiel an und debütierte 1898 in Wien. Ab da ging es rapide voran mit der Karriere als Geiger.
Kreisler gab in manchen Jahren über 250 Konzerte. Allein ein fünfjähriger Schallplattenvertrag mit der Victor Company soll ihm die seinerzeit unvorstellbare Summe von 750.000 Dollar eingebracht haben. Im Ersten Weltkrieg diente er kurzzeitig in der österreichischen Armee, bevor er nach einer Verwundung in Russland ehrenvoll entlassen wurde. Ab 1915 lebte Kreisler mit seiner Frau in den USA, den 1920er Jahren in Berlin.
1933 trug ihm der Dirigent Wilhelm Furtwängler einen Auftritt mit den Berliner Philharmonikern an. Kreisler lehnte mit der Begründung ab, dass die Dirigenten Bruno Walter, Otto Klemperer und Fritz Busch Deutschland zwangsweise verlassen hatten müssen. „Ich bin daher fest entschlossen, mein Auftreten in Deutschland so lang aufzuschieben, bis das Recht aller Künstler, ihre Tätigkeit in Deutschland, ungeachtet der Abstammung, der Religion oder Nationalität auszuüben, unumstößliche Tatsache geworden ist.“ Damit war's natürlich vorbei mit Auftritten in Deutschland.
Von September 1939 bis zu seinem Lebensende 1962 lebte Fritz Kreisler in New York City und kehrte nie wieder nach Europa zurück. 1943 wurde er amerikanischer Staatsbürger, nachdem er zuvor die französische Staatsbürgerschaft angenommen hatte.
Eine Legende ist es wohl, dass Kreisler der Erfinder des durchgehenden Vibratos gewesen sei. Seine Spezialität war ein warmer, schmelzender Ton, der dem legendären Alt-Wiener Geigenklang (eines Franz Clement oder Ignaz Schuppanzigh) entsprach und von Joseph Mayseder über Joseph Hellmesberger junior an Kreisler weitergegeben worden war.
Das kompositorische Werk ist überschaubar: Neben Salonstücken schrieb Fritz Kreisler ein Violinkonzert und ein Concerto für Violine, Streichorchester und Orgel C-Dur (im Stil von Antonio Vivaldi), die Operetten Apfelblüten (1919, zusammen mit Viktor Jacobi) und Sissy, außerdem ein Streichquartett und einige Lieder.
Kreisler scheute nicht vor Stilkopien zurück und gab sogar eigene Kompositionen im Stil alter Meister als eigene Stücke aus. Benjamin Schmid wird nun einige instrumentierte Werke Kreislers mit dem RSO Wien aufnehmen: Viennese Rhapsodic Fantasietta und Präludium und Allegro im Stile von Gaetano Pugnani. Georg Breinschmid hat ein Concerto for Beni Schmid geschrieben, das auch eingespielt wird.
All das kann man auch in einem Konzert hören, am 16. Dezember um 19 Uhr im Radiokulturhaus Wien – radiokulturhaus.orf.at
Bilder: Wikimedia/George Grantham Bain (1); ORF/Lienbacher (1)