Ein Bild von einem Land

HAUS DER GESCHICHTE ÖSTERREICH / HOLYDAYS IN AUSTRIA

29/03/24 Was sagen siebzig Jahre alte Urlaubsfotos über das heutige Bild von Österreich? Wie wurde Österreich zur Tourismusnation? Die Sonderausstellung Holidays in Austria: Ein Urlaubsland erfindet sich neu nimmt die Anfänge des Fremdenverkehrs nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum Ausgangspunkt und reicht bis zu aktuellen Themen der Gegenwart.

Urlaubsfotos stehen im Zentrum der Ausstellung. Es sind die persönlichen Schnappschüsse eines Londoner Paares, das in den 1950er Jahren Österreich bereiste. Diese Schnappschüsse böten einen „außergewöhnlichen Blick von außen auf das neu gegründete Österreich, das sich als friedvolles und idyllisches Urlaubsziel darstellte“, so das hdgö über die Schau.

„Die liebevoll gestalteten Fotoalben von Joyce Ewens und Eric Hope, angereichert mit zahlreichen Notizen zu Erlebnissen auf ihren Österreich-Reisen in den Jahren 1953 und 1954, zeigen unbekannte Seiten eines nun unabhängigen Landes, das sich neu erfinden musste. Sie dokumentieren eine Zeit, in der Österreich begann, sich als friedliches Urlaubsziel zu positionieren, um sich von seiner jüngsten Vergangenheit abzugrenzen und das Bewusstsein für den nun eigenständigen Nationalstaat zu stärken.“

Die Fotoalben öffneten „ein Fenster in eine Zeit des Umbruchs und der Neudefinition der Alpenrepublik“, sagt hdgö-Direktorin Monika Sommer. „Durch die Linse der Hopes betrachten wir, wie sich nach 1945 österreichische Identität formieren konnte. Der Tourismus bestimmt ja seither maßgeblich mit, wie das Land wahrgenommen wird. Mit unserer Ausstellung laden wir zum Nachdenken ein, wir hinterfragen bekannte Österreichbilder und auch, welche Rolle sie bis heute spielen.“
Neben den persönlichen Einblicken und Erinnerungsstücken, die von der Familie Hope zur Verfügung gestellt wurden, präsentiert die Ausstellung viele „überraschende Objekte“, von scheinbar barocken Möbeln, die 1947 für die Hofburg neu angefertigt wurden, bis zum aufwändigen Kostüm eines heutigen Mozart-Ticketverkäufers. Ansichtskarten zeigen Grüße der Gäste aus den wenigen Hotels, die zwei Jahre nach Kriegsende auf Regierungsinitiative wieder für den Auslandstourismus geöffnet wurden. „Werbekampagnen und Filme transportieren heute praktisch unbekannte Österreich-Bilder, weil sie sich nicht durchsetzen konnten.“

Die historischen Werbematerialien vermitteln, so Stefan Benedik und Antonia Heidl, die die Ausstellung gestaltet haben, „ein Gefühl dafür, wie sich viele Österreich-Klischees durch den Tourismus verfestigen konnten“. Damals wie heute lösen diese Vorstellungen Debatten aus, so das Kuratorenteam: „Wem gehören Mozart, Dirndl und Landschaft? Wer darf sie für sich nutzen?“ Die Schau diskutiere, wie Österreich durch gezielte Werbung sein Image als Urlaubsland geformt hat, hinterfrage die von sich selbst gezeichneten Bilder und beleuchtee auch die sozialen und ökologischen Kosten, „die mit der Neuerfindung des Landes als Urlaubsziel verbunden sind“.

Objekte aus dieser Zeit, wie eine Hotelausstattung oder rationierte Zigarettenpackungen, geben Einblicke in die Herausforderungen und Erfolge in der Anfangsphase des Tourismus. Tondokumente erzählen von der ambivalenten Beziehung zwischen Gästen und Beherbergenden. Urlaubsfotos von „ikonischen Orten“ verdeutlichten, „wie bestimmte Ansichten damals durch die Linse einer Kamera und heute durch soziale Medien verewigt und verbreitet werden“. Manche ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an das 1952 patentierte „Plastiskop“ mit Fotos in winigen Guckkästen.

Thema der Ausstellung Holidays in Austria ist auch die Volkskultur als Werbeträger: „Der Verein Alpinia lud wöchentlich in den Salzburger Stiegl-Keller“ zu bunter Show mit Bandltanz, Kuhglocken und bunten Kostümen. Um 1953 spielte man vor jeweils fünfhundert Gästen. „Auch Joyce und Eric Hope fingen Momente ein, in denen Österreicherinnen in Tracht gekleidet waren – Bilder, die erst danach durch Filme wie Sound of Music weltweit bekannt wurden.“
Den Österreicherinnen und Österreichern wurde und wird eine besondere Hingabe an die Musik nachgesagt, so Stefan Benedik und Antonia Heidl. „Nach 1945 wurde diese Ansicht bewusst verbreitet, um Nationalstolz im Inneren und Anerkennung von außen zu fördern.“ Österreich wurde als „Musikland“ positioniert. In der Ausstellung machen Objekte und Hörbeispiele greifbar, „wie Komponisten wie Mozart und Beethoven posthum zu Symbolen des österreichischen Stolzes wurden“. Die „Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper im Jahr 1955 als inoffizieller Akt der Freiheit“ zeig, so die Ausstellungsmacher, „wie Kultur und Musik gezielt eingesetzt wurden, um ein neues Kapitel der österreichischen Geschichte aufzuschlagen und das Land international als Zentrum der klassischen Musik zu positionieren“. (hdgö / dpk-klaba).

Holidays in Austria: Ein Urlaubsland erfindet sich neu – Sonderausstellung bis 6. Jänner 2025 im Haus der Geschichte Österreich in der Wiener Hofburg – hdgoe.at
Bilder: hdgö / Lorenz Paulus cc by-nc 4.0