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2009 war doch ein spürbarer Einschnitt

REST DER WELT / LOCKENHAUS / KREMER

12/07/10 Etliche verärgerte Fans und private Sponsoren kommen offenbar nicht mehr, nachdem sich Gidon Kremer im Vorjahr eine Auszeit genommen hatte von jenem Festival, das er 1981 gegründet hatte und das Lockenhaus zum Markennamen machte in der Klassik-Welt.

VON WOLFGANG STERN

altSo viele leere Plätze wie diesmal sah man bei den ersten Konzerten noch nie. Es ist also, so scheint es, Schadensbegrenzung im Mittelburgenland angesagt. Das Jahr 2009, das 28. Jahr des international renommierten Festivals, dem bisher eine große Zahl hochqualifizierter Musiker einen Besuch abstattete, war kein gutes. Die Freunde der Kammermusik erwarteten natürlich die Anwesenheit ihres hoch verehrten Geigers. Doch dieser ließ sie in Stich, was gewaltige Folgen zeigte. Ein anderes Projekt, „Being Gidon Kremer“, altwar ihm wichtiger. Sein Spruch „Lockenhaus ist die Verwirklichung meiner Träume“ hält nur mehr bedingt, denn auch das Klima insgesamt hat sich sehr geändert.

Bis zum 18. Juli wird nun wieder fleißig gewerkt, in Burg und Kirche des Ortes finden zum Thema „Musik und/als Macht“ vierzehn Konzerte statt, zu denen man noch jederzeit Karten bekommen kann und deren Programm bereits einen Tag vorher per Internet abrufbar ist. Das war früher nicht so, da wurde man überrascht.

Die alten „Freunde“ sind rar geworden, Kremer schart junge engagierte Musiker um sich herum. Diese folgen einer solchen Einladung natürlich gerne.

Den Reigen der diesjährigen Konzerte eröffnete Gidon Kremer zusammen mit dem Pianisten Alexander Melnikov. Man nahm sich Beethovens Kreutzersonate vor, die nach echten anfänglichen Schwierigkeiten erst so richtig im zweiten und drittenalt Satz gelang und die gewohnte Routine vermittelte. Das junge tschechische Bennewitzer Quartett zeigte Beherztheit und Sicherheit in Leos Janáceks 1. Streichquartett. Alexei Zuevs Wiedergabe der Liszt-Bearbeitung von Beethovens Eroica für Klavier solo war technisch meisterhaft – aber die Bearbeitung der so wunderbaren Symphonie zeigt Grenzen auf, auch wenn ein Meister wie Liszt sich daran abarbeitete. Vielleicht sollte man doch besser die Finger von dieser Paraphrase lassen?

Schuberts Oktett F-Dur, D 803, ist ein so wunderbares Werk. Ebenso beeindruckend gelang die Aufführung - warum eigentlich zweimal an aufeinander folgenden Tagen? Gidon Kremer und Alois Posch am Kontrabass als alte Routiniers musizierten mit jungen Talenten, von denen besonders der slowenische Klarinettist altMate Bekavec, der unter anderem in Graz dann bei Alois Brandhofer am Salzburger Mozarteum Salzburg studierte, und die aus Bern gebürtige Hornistin Zora Slokar eine persönliche Visitenkarte abgaben. Hier kam der Lockenhaus-Geist aus alten Jahren zum Vorschein, man erinnerte sich so gern an die tollen Achtzigerjahre zurück.

Mit dem vielfach preisgekrönten lettischen Jugendchor „Kämer“ (Leitung: Maris Sirmais) gab es so etwas wie einen vokalen Ausgleich zur Kremerata Baltica, die erst später am Festival mitwirken wird. die jungen Balten demonstrierten, was höchste Qualität im Vokalvortrag sein kann, ob im Sonnengesang für Violoncello, Chor, Schlagzeug und Celesta von Sofia Gubaidulina oder ausgewählten Chorwerken zu „Visionen des Lichts“: 17 Komponisten aus 16 Ländern wurden beauftragt, Kompositionen über und an die Sonne zu schreiben.

Den Schattenseiten von Musik und Macht wird dem diesjährigen Festival viel Raum geschenkt. Interessantes wird noch bis zum 18.7. auf dem Programm stehen, wobei der Mix aus Alt und Neu sicher für jeden Musikliebhaber etwas bringen wird. Kremer liebt das Wort „Überraschungen“. Bleibt zu hoffen, dass diese eher positive sind und sich die Fanschar wieder ungebrochen ins Mittelburgenland locken lässt.

Kammermusikfest Lockenhaus, bis 18. Juli. -  Tel. 02616/2100; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ; www.kammermusikfest.at
Bilder: dpk/Wolfgang Stern

 

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